Das Abitur im zweiten Bildungsweg mit einer staatlichen Förderung finanzieren
Du hast die Schule vorzeitig abgebrochen oder du hattest vor einigen Jahren keine Lust auf ein Studium und das hat sich nun geändert? Dann gibt es eine gute Nachricht. Denn dir stehen nach wie vor alle Wege offen. Die Lösung lautet: Abitur im zweiten Bildungsweg mit finanzieller Unterstützung in Form vom Schüler-BAföG.
Inhaltsverzeichnis
Was bedeutet Abitur im zweiten Bildungsweg?
In der Regel läuft es so ab, dass du nach der Grundschule auf das Gymnasium wechselst und du dann dein Abitur machst – manchmal über einen Umweg über die Realschule. Wenn du dies, aus welchen Gründen auch immer, „verpasst“ hast, kannst du nun als Erwachsener das Abitur nachholen und doch noch Student werden. Im gleichen Maße steht dir die Chance offen, die Fachhochschulreife im zweiten Bildungsweg zu erlangen. Für beide Situationen gibt’s mehrere Möglichkeiten:
- VHS-Schule
- Privatschulen
- Kolleg
- Abendgymnasium
- Fernstudium
Abgesehen von diesen verschiedenen „Schulformen“ erklären wir dir auch, wie du eine finanzielle Förderung in Anspruch nehmen kannst. Zuerst beginnen wir jedoch mit den verschiedenen Schulformen.
VHS-Schule oder Privatschule
Wenn du dich für einen Kurs an der VHS (Volkshochschule) anmeldest, kannst du das Abitur während deiner laufenden Ausbildung absolvieren. Das liegt daran, dass die Kurse an der VHS vorrangig am Nachmittag oder am Abend abgehalten werden. Warum das so ist? Die VHS wendet sich vor allem an Berufstätige. Hin und wieder gibt es auch Vormittagskurse, die dann pro Tag mehrere Einheiten umfassen. Der Vorteil vom Vormittagskurs: Du erreichst dein Ziel in kurzer Zeit. Während du bei einem reinen Abendkurs bis zu 48 Monate benötigst, wäre das im Rahmen eines Vormittagskurses innerhalb von 24 Monaten möglich. Dann jedoch gibt es aus Zeitmangel keine Chance, zusätzlich die Ausbildung zu absolvieren.
Übrigens: Du kannst bei der VHS nicht nur das Abitur, sondern auch den Hauptschulabschluss und den Realschulabschluss nachholen. Beachte in diesem Zusammenhang, dass dich die VHS nur auf die entsprechende Prüfung vorbereitet. Die VHS selbst darf keine Prüfung abhalten – du wirst jedoch zur sogenannten Externenprüfung zugelassen.
Alternativ zur VHS, die oft auch als Abendschule bezeichnet wird, gibt es noch die Privatschule. Ziel dieser Schule liegt darin, alle Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst schnell zu vermitteln. Abgesehen hiervon zielen die meisten Privatschulen auf eine erhöhte Motivation ab. Die Probleme, die zum fehlenden Schulabschluss geführt haben, sollen hier weitgehendst bearbeitet und in positive Lernmomente umgewandelt werden. Diese Schule eignet sich besonders dann, wenn du vermehrt Hilfestellung benötigst.
Logischerweise sind sowohl die VHS als auch die Privatschule nicht kostenlos. Hier treten Kosten von bis zu 800 Euro pro Semester auf.
Abendgymnasium & Kolleg
Eine weitere Schulform stellt das Abendgymnasium, beziehungsweise Kolleg dar. Wie der Name verrät, findet auch hier der Unterricht am Abend statt, weshalb du diese Schule während deiner Ausbildung absolvieren kannst. Allerdings eignet sich die Abendschule auch für diejenigen, die bereits einer Berufstätigkeit nachgehen und älter sind. Dass sich das Abendgymnasium an Ältere richtet, beweisen auch die Voraussetzungen, die hier anfallen:
- Mindestalter: 18 Jahre
- zwei Jahre Berufserfahrung
Der größte Vorteil eines Kollegs oder Abendgymnasiums lautet: Diese Schulen sind kostenfrei- die perfekte Lösung für den zweiten Bildungsweg. Zudem kannst du für diese einen BAföG-Antrag abgeben.
Fernlehrgang
Eine Fernschule kommt dann infrage, wenn du zeitlich flexibel sein möchtest. In diesem Fall werden dir alle Unterlagen per Post oder elektronisch zugesandt und du bestimmst selbst, wann du lernst. Zwar gibt es auch hier ein paar Vorschriften, die es zu beachten gilt. In erster Linie handelt es sich hierbei um die Dauer, die du als Student verbringst.
Die Länge vom Fernlehrgang wird vom Fernstudiuminstitut vorgegeben und sollte, wenn möglich, eingehalten werden. Allerdings ist es immer möglich, zumindest einmal eine Verlängerung der Studienzeit zu beantragen. Jedes Fernstudiuminstitut hat andere Vorschriften und setzt andere Voraussetzungen an. Manche verlangen, dass du eine abgeschlossene Berufsausbildung besitzt, andere verlangen dies nicht.
Tipp: Bereite dich auf die Aufnahmeprüfung vor, die zum Beispiel vom Kolleg oder dem Abendgymnasium abgehalten wird. Viele Schulen bieten auch die Chance, bei entsprechenden Vorkenntnissen direkt in ein höheres Semester einzusteigen, wodurch sich die Studienzeit verkürzt.
Welche Voraussetzungen werden beim zweiten Bildungsweg verlangt?
Nun haben wir die verschiedenen Schulformen kurz angeschnitten. Leider ist es so, dass die Vorschriften einzelner Bundesländer unterschiedlich ausfallen. Erkundige dich daher explizit nach den Voraussetzungen für dein Bundesland. Erste Informationen erhältst du zum Beispiel über die jeweils zuständige Schulberatung. Dort gibt es weiterführende Informationen zu jedem Schulabschluss, den du nachholen möchtest. Ferner wird jede einzelne Schulform – zum Beispiel das Abendgymnasium und das Kolleg – ausführlich beschrieben. Welche Voraussetzungen bei welcher Schulform gelten, wird hier ebenfalls erläutert:
- So erfährst du, dass du zum Beispiel in Bayern für das Kolleg eine abgeschlossene Berufsausbildung haben solltest und im Schuljahr der Anmeldung bereits mindestens 18 Jahre alt sein musst.
- In Baden-Württemberg hingegen musst du bereits 19 Jahre alt sein, aber ebenfalls entweder eine Berufsausbildung genossen haben oder zwei Jahre Berufserfahrung haben. Ebenso darfst du in Baden-Württemberg während der Teilnahme am Kolleg, mit dem du das Abitur nachholen kannst, keinen Beruf ausüben.
Das Verbot, gleichzeitig einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, bestätigt, wie wichtig eine staatliche Förderung während der Zeit des Studiums ist. Aus diesem Grund beschäftigen wir uns jetzt mit den Themen BAföG und der Krankenkasse. Denn eines ist klar: Ohne berufliche Tätigkeit zahlst du nicht in die Krankenkasse ein. Diese ist jedoch mehr als notwendig. Welche Möglichkeit einer Krankenversicherung bestehen, möchten wir aus diesem Grund auch erläutern.
Finanzierungsmöglichkeiten beim zweiten Bildungsweg
Welche Finanzierungsmöglichkeiten bestehen also, wenn du als Schüler an einem Kolleg oder einer Abendschule teilnimmst? Ein großes Problem besteht darin, dass es sich hier teilweise um Ganztagesschulen handelt und du aus diesem Grund während des Studiums keiner bezahlten Berufstätigkeit nachgehen kannst oder darfst. Je nachdem, in welchem Lebensjahr du dich befindest, wohnst du eventuell noch bei deinen Eltern oder hast einen eigenständigen Haushalt zu führen. Letzteres führt auch zu der Frage, wie du einen Beitrag zur Krankenversicherung zahlst.
Zuerst beginnen wir mit der finanziellen Förderung. Hier gibt es
- BAFöG
- Bildungskredit
- Bildungsprämie
- Stipendium
Abgesehen hiervon erhalten deine Eltern weiterhin Kindergeld und womöglich auch noch einen Kindergeldzuschlag – beides wird jedoch nur bis deinem 25. Lebensjahr ausbezahlt.
Finanzierung durch BAföG
Das Schüler-BAföG ist für junge Menschen, die zum Beispiel nach einem Realschulabschluss das Abitur nachholen möchten. Allerdings gelten hier unterschiedliche Regelungen, die von der Schulart abhängig sind. Das BAföG wird bei einem Fernstudium nur in den letzten zwölf Monaten ausgezahlt, und zwar nur dann, wenn du in dieser Zeit mindestens drei Monate für das Lernen verwendest – arbeiten ist in dieser Zeit verboten.
Als BAföG-Empfänger kommen infrage:
- du
- deine Eltern
Welche Voraussetzungen gibt es?
Um das Schüler-BAföG zu erhalten, darfst du das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Aber: Du kannst entweder noch bei deinen Eltern leben oder einen eigenen Haushalt führen. Allerdings fällt dann die BAföG-Förderung unterschiedlich hoch aus, da teilweise das Einkommen deiner Eltern verrechnet wird. Um zu erfahren, wie hoch diese Unterstützung bei dir ausfallen könnte, kannst du einen BAföG-Rechner nutzen.
Auf dieser Internetseite wurde auch das Gesetz über BAföG veröffentlicht und du kannst dich hier jederzeit informieren, ob überhaupt alle Voraussetzungen bei dir vorliegen.
Elternunabhängiges BAföG für den 2. Bildungsweg
Das Elternunabhängige BAföG für den zweiten Bildungsweg erhältst du dann, wenn du bereits das 30. Lebensjahr vollendet hast und wenn du inklusive einer Ausbildung bereits sechs Jahre Berufserfahrung hast – mindestens drei Jahre hiervon sollten nach der Ausbildung liegen.
Und: Das elternunabhängige BAföG wird nur zur Erlangung der Hochschulreife im zweiten Bildungsweg bezahlt. Abgesehen von diesen Fakten sind deine Eltern entweder nicht in der Lage, dich finanziell zu unterstützen oder du kennst deren Wohnort nicht. Die schlimmste aller Konstellationen lautet, dass du Vollwaise bist.
Bedarfssätze & Förderungsdauer
Die Bedarfssätze werden nicht individuell festgesetzt. Vielmehr handelt es sich hier um pauschale Beträge, die abhängig von der Schulart festgesetzt werden. So erhältst du im Monat zwischen 230 und 590 Euro, wenn du eine Schule zur Erlangung der Fachhochschulreife besuchst, die keine Berufserfahrung voraussetzt. Sollte dies jedoch der Fall sein, so könnte der Betrag zwischen 424 und 735 Euro liegen. Das wäre zum Beispiel bei einem Kolleg oder Abendgymnasium der Fall.
Ferner entscheidet die Tatsache, wo du wohnst, über die Höhe der monatlichen Förderung: bei den Eltern oder allein. Eine detaillierte Übersicht über die aktuell geltenden Sätze kannst du auf Bafög.de nachlesen.
Einkommen der Auszubildenden
Als Student im zweiten Bildungsweg darfst du bis zu 400 Euro verdienen, ohne dass dieses Einkommen bei der Auszahlung von BAföG angerechnet wird. Anders verhält es sich mit dem Einkommen deiner Eltern – dieses wird angerechnet.
Antragstellung nach den Vorschriften §45-§53 BAföG
Beim Antrag auf BAföG kommen die Paragraphen 45-53 des gleichnamigen Gesetzes zum Zug. Darin wird zum Beispiel vermerkt, dass die Zusage zur Förderung über BAföG immer für ein komplettes Jahr festgesetzt wird. Danach sollte ein Folgeantrag spätestens zwei Monate vor dem Ende der Bewilligung eingereicht werden. Die Förderung wird monatlich im Voraus überwiesen. Der BAföG-Antrag muss an die zuständige Stelle (Ausbildungsförderung) im Landratsamt der Schule gerichtet werden – zumindest, wenn es sich um das Schüler-BAföG handelt. Bei einem BAföG zum Besuch einer Hochschule muss der Antrag direkt bei der Hochschule abgegeben werden.
Höhe des Bildungskredits
Wenn du die Voraussetzungen für das Schüler-BAföG nicht erreichst, dann käme noch der Bildungskredit infrage. Dieser greift auch dann, wenn du das Abitur in einem eigenverantwortlichen Studium nachholen möchtest – zum Beispiel per Fernstudium. Dieses wird über die eigene Hausbank beantragt, da hinter diesem Kredit die KfW (Kreditinstitut für Wiederaufbau) steht. Die Höhe des Bildungskredits beträgt in der Regel 300 Euro im Monat, könnte aber auch einmalig in einer Summe ausgezahlt werden
Wer kann den Bildungskredit erhalten
Den Bildungskredit kannst du nur dann beantragen, wenn du einen berufsqualifizierenden Schulabschluss hast. Ein sogenanntes Recht auf einen Bildungskredit gibt es jedoch nicht. Ferner musst du volljährig sein und darfst das 36. Lebensjahr nicht überschritten haben.
Bildungskredit oder BAföG
Sobald du die Voraussetzungen für die Zahlung von BAföG erreichst, solltest du diese Unterstützung beantragen. Denn diese Fördermittel müssen nicht zurückgezahlt werden. Anders verhält es sich mit dem Bildungskredit, den du zwar zinsgünstiger, aber nicht geschenkt bekommst.
Das Studium mit der Bildungsprämie finanzieren
Die Bildungsprämie wird vom Staat übernommen und soll einen Anreiz zum ständigen Lernen darstellen. Daher wird die Bildungsprämie nur dann bezahlt, wenn du zugleich Student und Berufstätiger bist. Als Voraussetzung gilt, dass du mindestens 15 Stunden die Woche arbeitest oder in Elternzeit bist.
Allerdings gibt es in Bezug auf das Einkommen Grenzen: Derzeit (Stand 2018) darfst du als Alleinstehender nicht mehr als 20.000 Euro und als Ehepaar nicht mehr als 40.000 Euro pro Jahr verdienen. Hier wird das zu versteuernde Einkommen angesetzt.
Die Krankenversicherung im zweiten Bildungsweg
Wenn du direkt nach der Schule eine Ausbildung beginnst, dann bist du selbst krankenversichert. Die Beiträge zur Krankenkasse werden in dem Fall direkt von deiner Ausbildungsvergütung abgezogen. Solltest du danach ein Studium beginnen, um auf dem zweiten Bildungsweg die Fachhochschulreife zu erlangen und aus diesem Grund aufhören zu arbeiten, dann fällt auch die Krankenversicherung weg. Solltest du bereits verheiratet sein, dann kannst du wahrscheinlich über die Krankenkasse deines Ehepartners versichert werden. Anders verhält es sich, wenn du alleinstehend bist. Solltest du das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, dann besteht die Chance, dass du (weiterhin) über die Krankenkasse deiner Eltern versichert werden kannst.
Solltest du älter als 25 Jahre sein, dann bist du gesetzlich pflichtversichert. Das bedeutet: Du wählst eine eigene Krankenkasse, die einen günstigen Studenten-Tarif anbietet. Diesen erhältst du teilweise für 60 Euro im Monat, zuzüglich Pflegeversicherung.
Beachte hierbei:
- du erhältst nur die gesetzlich definierten Leistungen
- benötigst du Zusatzleistungen, zum Beispiel für Zahnfüllungen, so kannst du eine separate Versicherung hierfür abschließen
Ein paar Überlegungen zum Schluss
In unserem Beitrag haben wir erklärt, wie man ohne Abitur ein Student werden kann – zumindest ist es jederzeit möglich, nach einem Hauptschulabschluss das Abitur nachzuholen. Du kannst zuerst den Realschulabschluss erreichen und dann die Hochschulreife. Diese Möglichkeiten werden als zweiter Bildungsweg bezeichnet. Somit steht es jedem offen, zu welcher Zeit er studieren möchte. Dies geht theoretisch auch nach einer Berufsausbildung und zwar in Form vom Online-Abitur.
Allerdings solltest du dir damit nicht zu lange Zeit lassen, da die staatlichen Förderungen an eine Altersgrenze gebunden sind:
- Nach dem 30. Lebensjahr wird es sehr schwer, eine Unterstützung finanzieller Art zu erhalten.
- Und nachdem ein Besuch vom Kolleg nur schwer mit einer Berufstätigkeit zu vereinen ist, fällt das Arbeiten in dieser Zeit weg.
- Einige Schulen und auch die Förderungen fordern, dass du dich in den letzten Monaten voll und ganz auf deinen Abschluss konzentrierst. Somit ist dann das Arbeiten komplett verboten.
- Diese Zeit finanzierst du dann selbst aus eigenen Ersparnissen. Das zeigt, wie wichtig eine finanzielle Unterstützung ist, die jedoch nicht für den Besuch jeder Schule gewährt wird.
Überlege also genau, welche der oben genannten Schulformen für dich infrage kommt. Beziehe in die Überlegung sowohl die Zeit (tagsüber, abends, freie Zeiteinteilung) mit ein und auch den BAföG-Anspruch. Erstelle eine Liste mit allen Vor- und Nachteilen und entscheide dich dann für die beste Lösung. Selbstverständlich gibt es Beratungsstellen, die dich über das Schüler-BAföG umfassend aufklären.
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