Claqueur – noch nie gehört? Wie wäre es dann mit Anheizer, Beifallklatscher oder bezahltem Fan? Diese moderneren Varianten des Claqueur-Berufs dürften heutzutage geläufiger sein. Claqueur leitet sich vom französischen Verb „claquer“ für „klappern, klatschen“ ab. Und damit wird auch klar, was er tut: Er klatscht und zollt Beifall – aber nur für Geld. Denn das ist schließlich sein Beruf.

Es war einmal

Die Berufsbezeichnung „Claqueur“ ist zugegebenermaßen etwas aus der Mode gekommen. Doch das Berufsfeld hat durchaus Tradition: Bezahlte Claqueure tauchten im 19. Jahrhundert auf, als der Franzose Sauton eine gewiefte Geschäftsidee hatte. Theatervorstellungen erfreuten sich damals großer Beliebtheit und waren ein angesehenes gesellschaftliches Ereignis. Umso wichtiger war es, dass eine Aufführung nicht floppte und Erfolg hatte. Sauton gründete deshalb eine eigene Agentur, die Beifallspender vermittelte – gegen Geld. Begeisterung gegen Bezahlung, so die Devise. Er bot diese Dienstleistung im Rahmen einer „Versicherung dramaturgischen Erfolgs“ an und organisierte für Auftraggeber wie große Theater- oder Opernhäuser die gewünschten Beifallklatscher.

Sauton unterschied jedoch zwischen unterschiedlich geäußerten Gefallensbekundungen. So vermittelte er nicht nur Applaudierende, sondern auf Wunsch auch Leute, die sich im Theaterfoyer unter das Publikum mischten und positive Bemerkungen über die Vorstellungen fallen ließen. Zudem gab es sogenannte „Rieure“, die an den richtigen Stellen im Stück lachten. Am Ende der Aufführung wiederum forderte bezahltes Personal lautstark eine „Zugabe“ ein. Mit dem Ausdruck „Claque“ bezeichnete man diese ganze Gruppe von bezahlten Stimmungsmachern.

claquer; berufsbild; beifallklatscher; hände; applaus
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Claqueur von heute

Immer noch gibt es Claqueure im Theater. Sie klatschen oder lachen an den vom Regisseur gewünschten Stellen und sollen so das Publikum mitziehen. Allerdings gibt es in diesem Bereich eine verschwindend geringe Zahl von Arbeitsstellen. Moderne „Claqueure“ finden sich heute eher im Fernsehpublikum, auf Messen oder Konzerten, im Stadion, am roten Teppich oder auf der Firmenfeier. Die moderne Variante des Claqueur-Business repräsentiert beispielsweise das Unternehmen Rent-a-Fan. Die Agentur vermittelt Fans, Akteure, Groupies, Flashmobber, aber einfach auch nur Zuschauer fürs Fernsehen, Publikum bei Veranstaltungen und Statisten für die Werbung. Viele diverse Casting-Agenturen arbeiten zum Beispiel auch im TV-Bereich und sorgen dafür, dass im Publikum von Talk- oder Gameshows genügend Publikum sitzt. Das nennt sich dann „Zuschauerkoordination“.

Je nach Einsatzbereich müssen die bezahlten Beifallklatscher nur das Publikum auffüllen, aktiv für Stimmung sorgen durch Gefallensbekundungen und Applaus, einfach nur für die richtige Grundstimmung sorgen oder sich mit abgesprochenen Meinungsäußerungen unters Volk mischen.

Was muss ich mitbringen?

Sich einfach nur an den richtigen Platz stellen oder setzen und dann zur rechten Zeit klatschen – das kann doch nicht so schwer sein. Richtig, Claqueur oder bezahlter Fan ist kein Ausbildungsberuf. Mit ein wenig gutem Willen und einem gepflegten bzw. zur Zielgruppe passenden Äußeren bist du schon sehr gut geeignet. Von Vorteil ist außerdem, wenn du ein eher extrovertierter Typ bist und kein Problem damit hast, aus der grauen Masse mit lauten Bravo-Rufen heraus zu stechen.

Zudem solltest du eins gut können: warten. Denn in der Regel musst du vor deinen Jubel-Einsätzen rechtzeitig an Ort und Stelle sein. Ist der zu bejubelnde Star mit seinem Walk über den roten Teppich auf 13 Uhr angekündigt, so musst du als „echter“ Fan natürlich schon Stunden vorher deine Position beziehen und den echten Groupie repräsentieren. Aufs Stichwort musst du dann einsatzbereit sein, applaudieren und Stimmung machen. Generell sollte man für dieses Berufsbild viel zeitliche Flexibilität mitbringen, denn oftmals liegen die Einsatztermine komplett über den Tag bzw. auch die Wochenenden verteilt. Und du solltest kein Problem damit haben, jemandem Beifall zu zollen, den du in Wirklichkeit gar nicht gut findest. Schließlich bekommst du Geld dafür, zu klatschen – und nicht dafür, deine wirkliche Meinung kund zu tun. Mit dieser „gekauften“ Meinungsmache muss man leben können.

claqueur; berufsbild; mann hält rede; Publikum klatscht
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Problemfall politische Kommunikation

Ein kleiner, aber feiner Unterschied liegt natürlich in der Darstellung „einfachen“ Publikums, das an den richtigen Stellen „nur“ klatscht, und wild jubelnder Fans, die richtig Stimmung machen. Fließend ist dann der Übergang zur Meinungsbeeinflussung, und das wird vor allem im politischen Bereich schwierig. Hier sollte jeder für sich selbst einschätzen können, für wen und für welche Werte er bereit ist, in der Öffentlichkeit Partei zu ergreifen. Es ist durchaus nicht unüblich, dass Parteien versuchen, in wichtige politische Talkrunden im Publikum sogenannte „Jubelperser“ einzuschleusen. Ob das nun tatsächlich hoch motivierte Jungmitglieder einer Partei sind oder doch gekaufte Claqueure, lässt sich meist nicht wirklich bis ins Detail nachprüfen.

So mancher berufliche Beifallklatscher könnte aber spätestens hier in Gewissenskonflikte geraten. Schließlich greift man in solchen Fällen doch ziemlich aktiv in die öffentliche Meinungsbildung ein. Wer sich also überlegt, als Claqueur zu arbeiten, sollte sich vorab selbst genau darüber klar sein, wo seine persönliche Grenze liegt. Wofür man bereit ist, in der Öffentlichkeit mit seinem Gesicht Zustimmung zu zeigen, ist sicher für jeden individuell verschieden.

Schöne neue Welt? Digitale Claqueure

Neue Medien, neue Zeiten: Mit dem Internet hat sich eine völlig neue Art von „digitalen Claqueuren“ herausgebildet. Fan sein und Stimmung machen geht heute nicht mehr nur analog vor Ort, sondern auch online im Netz. Und da kann man für jemanden Partei ergreifen, jubeln und Zustimmung zeigen, auch wenn man irgendwo am Laptop sitzt. Vor allem aber kann man völlig unerkannt oder unter einem Pseudonym Unterstützung zeigen. Das geht im Onlinebereich beispielsweise mit bezahlten Likes, die man für ein Event, ein Produkt oder einen Star abgibt. Oder mit georderten, bezahlten Klicks auf bestimmte Websites. Digitale Bewertungen sind da ein weites Feld, worunter beispielsweise auch gekaufte, positive Hotelbewertungen oder ähnliches fallen.

Natürlich geht das Ganze auch in die andere Richtung: mit gekaufter negativer Kommunikation. Schlechte Online-Bewertungen haben eine ungeahnte Macht: Sprache wird hier zu einer wahren Waffe. Nicht selten können negative Beurteilungen im Netz für Unternehmen den Anfang vom wirtschaftlichen Ruin bedeuten. Wenn für solch einen Prozess gekaufte negative Stimmungsmache verantwortlich ist, ist das besonders tragisch. Wer in diesem Bereich beruflich tätig werden will, muss moralisch schon sehr abgebrüht sein.

claqueur; berufsbild; zeichnung: klatschende hände; daumen hoch; zustimmung
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Wer zahlt, schafft an

Die Problematik des Berufsbilds „Claqueur“ wird hier sehr gut deutlich. Letztendlich verkauft man ein wenig seine Seele, indem man – in der Regel – Begeisterung für etwas heuchelt, die man gar nicht empfindet. In manchen Bereichen mag das noch vertretbar sein. Bei bestimmten Themenfeldern wie zum Beispiel politischen Veranstaltungen wird es moralisch schwierig. Wer hauptberuflich als Claqueur arbeiten möchte, wird nicht immer die Möglichkeit haben, zwischen verschiedenen Angeboten auszuwählen bzw. gewisse Jobs auszuschlagen. Und dann ist der Schritt zum Ausverkauf des eigenen Gewissens nicht mehr weit. Auf Dauer dürfte solch ein Beruf nicht glücklich machen.

Generell ist die Einkommenssituation in diesem Berufsfeld schwierig. Es handelt sich ja um eine einfache Tätigkeit, die praktisch von jedem Ungelernten ausgeübt werden kann. Hohe Gagen sind deshalb nicht zu erwarten. Wer allerdings beispielsweise als Student einen netten Nebenjob sucht, um sein Konto etwas aufzupäppeln, für den könnte dieser Job durchaus attraktiv sein. Übt man den Claqueur nur nebenberuflich ab und an aus, kann man sich auch die Events aussuchen, mit denen man moralisch keinerlei Probleme hat.

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