Bootsbauer – einer der ältesten Berufe der Welt
Bei dem Wort „Werft“ denkst du nicht als erstes an eine Aufforderung, und auch mit den Begriffen „Rigg“ und „Rumpf“ kannst du etwas anfangen? Dich haben Boote schon immer fasziniert, und du ziehst nicht nur Buchwissen, sondern am besten auch eigene Erfahrungen heran, um diese Fahrzeuge zu beschreiben und klassifizieren? Das Handwerk ist deine Leidenschaft, und Seekrankheit ist ein Fremdwort für dich? Du willst nicht vorwiegend mit Stahl arbeiten, wie es etwa im Schiffsbau üblich ist, interessierst dich dafür aber für den Umgang mit Kunststoffen und Holz? Dann hast du vielleicht schon einmal mit dem Gedanken gespielt, Schöpfer und Fachmann der unter 50 Meter langen Seefahrzeuge zu werden. Worauf es in diesem Job ankommt, erfährst du in diesem Artikel.
Inhaltsverzeichnis
Der anerkannte Ausbildungsberuf Bootsbauer
Es handelt sich um eine duale Berufsausbildung, die 3,5 Jahre dauert. Haben sie einen der freien Ausbildungsplätze ergattert, besuchen viele der Azubis die Berufsschule in Lübeck-Travemünde, andere die Schulen in Brake an der Weser oder in Duisburg. Man kann dabei im dritten Lehrjahr zwischen zwei Fachrichtungen wählen:
- In der Fachrichtung Technik baut man elektronische sowie weitere technische Einrichtungen in Boote ein. Beispielsweise gehört die Installation der Bordelektronik oder die Montage von Motoren zu dieser Fachrichtung. Laut Deutschem Boots- und Schiffbauerverband werden die Kandidaten der Fachrichtung Yachttechnik zu Allroundern ausgebildet. Zu den Ausbildungsinhalten gehören Elektronik, Elektrik, Hydraulik sowie weitere Fächer. Da sich die Technik der Boote dauernd weiterentwickelt, ist eine ausgeprägte Weiterbildungsbereitschaft in Sachen technische Anlagen erforderlich.
- Bei der Fachrichtung Neu-, Aus- und Umbau lernt man beispielsweise, wie Rümpfe, Decks und weitere Bauteile hergestellt werden. Du wirst dich also in erster Linie mit dem Bootskörper beschäftigen und hast dabei mit den unterschiedlichsten Materialien zu tun: Genannt seien etwa Holz, Metall und Faserverbundstoffe. Auch wirst du mit unterschiedlichen Lacken zu tun haben, mit welchen du das Boot behandelst.
Weitere Tätigkeiten, die vor allem bei der Fachrichtung Neu-, Aus- und Umbau auf dich zukommen können:
- Bootsbauer können neue Boote bauen oder alte Modelle umbauen.
- Eine alte Yacht auf Vordermann bringen? Das fällt ebenfalls in den Aufgabenbereich des Bootsbauers.
- Man bearbeitet die Boote nicht nur von Hand: Unterschiedliche Maschinen und Werkzeuge kommen zum Einsatz.
- Es gilt, technische Unterlagen oder Baupläne zu befolgen.
- Auch die Konstruktion von Bauteilen oder das Anfertigen einzelner Bauteile kann auf der Agenda stehen.
- Eine Oberflächenbehandlung wie etwa das Abschleifen eines alten Lacks wird gern dem Azubi anvertraut.
- Auch präventiv wird gehandelt, etwa wenn Materialien eine Beschichtung erhalten, um Korrosion oder Fäulnis vorzubeugen.
Der Arbeitsmarkt bietet diverse Möglichkeiten zur beruflichen Veränderung als Bootsbauer
Sucht man nach Stellenanzeigen für einschlägige Ausbildungsplätze, so wird teilweise von den Bewerbern verlangt, dass sich diese bereits vor Antritt für eine der Fachrichtungen entscheiden. Wechselt man in den ersten beiden Lehrjahren den Ausbildungsbetrieb, kann man sich aber auch in diesem Fall immer noch zur Wahl der jeweils anderen Fachrichtung entschließen.
In manchen Jobanzeigen für Absolventen dieser Ausbildung wird keine Fachrichtung vorgegeben. Das bedeutet für dich als Azubi: Wenn du dich für eine Fachrichtung entschieden hast, musst du nicht unbedingt dein Leben lang dabei bleiben.
Praxis deiner Ausbildung und Tätigkeit im Bootsbau
- Ausbildungsplätze werden vor allem von Bootswerften, -reparaturwerkstätten, dem Bootsverleih, Yachthäfen sowie Zulieferbetrieben angeboten. Nach Abschluss der Ausbildung kann man auch in andere Bereiche wechseln: beispielsweise in den Windgeneratorenbau oder in den Flugzeugbau. Wichtig für einen solchen Wechsel ist, dass man wirklich fit in der Arbeit mit Kunststoff ist.
- Auch für beratende Tätigkeiten sind Absolventen der dualen Ausbildung gut geeignet: So können Kunden etwa zum Kauf eines Bootes beratschlagt werden, oder man findet einen Job in der Nautik-Abteilung eines Baumarkts.
- Wer sich in der Praxis vorwiegend mit der Holzbearbeitung beschäftigt hat, dem steht auch die Möglichkeit zur Verfügung, als Tischler tätig zu sein.
Welche Voraussetzungen sind für diese Ausbildung und den Beruf erforderlich?
- Sehr wichtig ist handwerkliches Geschick.
- Man sollte körperlich sehr gut belastbar und außerdem schwindelfrei sein.
- Auch ein sehr gutes räumliches Vorstellungsvermögen ist gefragt. Man muss die technischen Unterlagen richtig interpretieren können.
- Viele Azubis bringen den Realschulabschluss mit, über die Hälfte sogar die (Fach-)Hochschulreife, was für einen Handwerksberuf bemerkenswert ist. Doch auch wer einen guten Hauptschulabschluss besitzt und unbedingt Bootsbauer werden möchte, kann Chancen auf einen Ausbildungsplatz haben. Offiziell gibt es nämlich keine Mindestvoraussetzung, die man erfüllen muss.
- Wenn du in den Fächern Mathe und Physik gut gewesen bist, dann wirst du die Ausbildung leichter meistern können. Der Mathe-Unterricht in der Berufsschule soll deutlich anspruchsvoller als in der Schule sein, weshalb gute Grundlagen wichtig sind.
- Auch eine gute Note im Fach Englisch solltest du bei deiner Bewerbung hervorheben.
- Zu den wichtigsten Soft Skills gehören ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein, Teamfähigkeit, Sorgfalt sowie ein Talent für die Einschätzung potenzieller Risiken.
Was solltest du sonst noch mitbringen?
- Dir fehlt möglicherweise Kreativität? Auch diese Eigenschaft ist als Bootsbauer gefragt, sie lässt sich jedoch auch trainieren.
- Monotone Aufgaben schrecken dich ab? Solche gehören dazu, und vor allem als Azubi wirst du mit derartigen Aufgaben betraut werden. (Ein kleiner Trost: Das ist in vielen anderen Ausbildungsberufen nicht anders.)
- Hast du ein Problem mit Regen? Die unterschiedlichsten Witterungsverhältnisse solltest du aushalten können. Mit der Zeit kannst du dich jedoch abhärten.
- Du kannst nicht gut zeichnen? Dann solltest du unbedingt versuchen, dies zu erlernen.
- Deine Ohren reagieren sehr empfindlich auf Lärm, deine Nase auf Lacke? Zwar wirst du in der Praxis sowohl Atem- als auch Hörschutz tragen, doch solltest du dich mit solchen Arbeitsumständen anfreunden.
- Sonntage und Feiertage willst du immer mit deiner Familie und mit deinen Freunden verbringen, und an den übrigen Tagen willst du so lange wie möglich schlafen? Als Bootsbauer musst du Bereitschaft mitbringen, auch an den „heiligen“ Tagen zu arbeiten, und dieses Interview beispielsweise zeigt, dass ein regelmäßiges frühes Aufstehen erforderlich sein kann.
Wieviel kann man als Bootsbauer verdienen?
Die folgenden Angaben sind nur ungefähre Richtwerte: Im ersten Ausbildungsjahr kann man zwischen 420 bis 830 € verdienen, im 2. Lehrjahr 450 bis 870 € und im 3. Jahr der Ausbildung 480 bis 910 €, während man im 4. Ausbildungsjahr 510 bis 960 € erhalten kann. Das Gehalt für Ausgelernte fängt bei 1770 € an und kann bis auf 4120 € steigen.
Wie kann man sich weiterbilden?
- Es besteht die Möglichkeit, einen Meister zu erwerben. Nur in diesem Fall kann man sich als Bootsbauer selbständig machen – eine strenge Auflage, wenn man andere Berufe betrachtet, zu deren Ausübung in Selbstständigkeit teilweise schon ein Gewerbeschein reicht. Dafür wurde die Gesellenjahrespflicht abgeschafft, was für Absolventen einer Bootsbau-Lehre bedeutet, dass sie den Meister gleich an die Berufsausbildung dranhängen können.
- Wer nach Größerem strebt, der kann auch ein (duales) Studium des Schiffbaus (und/oder der Meerestechnik) absolvieren.
- Wenn man manche Aufgaben bevorzugt, kann man sich auf einen Teilbereich spezialisieren, indem man etwa Fortbildungen in den Bereichen Holz und Kunststoff, Kleb- und Dichtstoffe oder in der Betriebsführung absolviert.
Kleines Schiff – große Geschichte
Der Bootsbau stand vermutlich in der Altsteinzeit in den Kinderschuhen, weshalb es sich um einen der ältesten Berufe der Welt handelt. Ursprünglich wurden ausgehöhlte Baumstämme (sogenannte Einbäume) als Verkehrsmittel auf Wasser verwendet, unter anderem um Fische zu fangen. Besonders fortschrittlich waren die Boote der Ägypter vor über 4000 Jahren. Später wurden zum Bau von Booten auch Papyrus oder Tierfelle hergenommen. Letztere finden bei manchen Naturvölkern auch heute noch Einsatz. Im heutigen modernen Bootsbau werden neben Holz auch Stahl und Aluminium verwendet, und es gibt die unterschiedlichsten Arten von Modellen: Sportboote, Yachten, Segel- oder Motorboote.
Ein gefragtes Handwerk mit gutem Image
Viel Zeit auf dem Wasser verbringen, tolle Boote mit den eigenen Händen fertigen, im Betrieb handwerklich glänzen oder der Technik mitwirken – wie das Sprichwort schon sagt: „Ein Mensch ohne Träume ist wie ein Boot ohne Segel.“ Doch solltest du dir auch vergegenwärtigen, dass dieser Beruf seine Schattenseiten hat: beißend riechende Lacke, schwere körperliche Arbeit oder wenig familienfreundliche Arbeitszeiten – und nicht immer muss der Bootsbauerberuf bedeuten, dass man mit Wasser zu tun hat.
Insgesamt hat das Metier jedoch ein gutes Image und kann auch ein Traumjob sein – und das nicht nur für starke Männer, sondern auch für Frauen. Im Bootsbau in der Wintersaison stempeln geh’n? Das ist nicht drin: Gerade in dieser Jahreszeit werden Boote bevorzugt gewartet und repariert, während im Sommer, der Hochzeit des Bootsbaus, größere Reparaturen oder Neubauten durchgeführt werden.
Doch wie steht es um die Perspektiven? Die Website Yacht Online schreibt: „Selten waren die Berufsaussichten in maritimen Lehrberufen so gut wie heute.“ Das bedeutet für dich: Wenn deine Motivation, Bootsbauer zu werden, in erster Linie darauf begründet ist, dass du dich gern am Meer aufhältst, solltest du dich nach anderen Berufen umsehen, die mit diesem Gewässer zu tun haben (Beispiele: Nautischer Wachoffizier, Binnen- oder Hafenschiffer), und prüfen, ob du für einen davon nicht noch besser geeignet bist. Denn laut dem zitierten Artikel taugen nicht alle Personen, die die Ausbildung absolvieren oder bereits in dem Job tätig sind, für den Beruf. Deshalb solltest du dich nur dann um einen entsprechenden Ausbildungsplatz bewerben, wenn du dir sicher bist, dass du das Talent dafür mitbringst. Ob du dieses besitzt, kannst du in freiwilligen Praktika herausfinden. Bei Eignung können wir dich nur dazu ermuntern, diesen Weg einzuschlagen.
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Joana hat Germanistische Linguistik und Musikwissenschaft an der LMU studiert und ist als externe Redakteurin für careeasy – Dein Karriere-Magazin von stellenanzeigen.de tätig.