Erfolgreich bewerben trotz Corona: Interview mit einem Kommunikations-Experten
Einen neuen Job zu finden ist in Corona-Zeiten nicht gerade einfach. Der Arbeitsmarkt leidet unter den Folgen der Pandemie und wird sich auch nach überstandener Krise nachhaltig verändern. Jetzt gilt es mehr denn je, unter den anderen Bewerbern herauszustechen. Doch wie gelingt das? Kommunikations-Experte Alexander Ellmer hat die Antworten für uns.
Lieber Alexander, du bist Keynote Speaker und Mentor und teilst seit mehr als 18 Jahren dein Wissen über die Kommunikation. Erzähle uns doch kurz, woher deine Faszination für die Kommunikation kommt.
Sprache ist Stärke. Ganz gleich, in welcher Situation im Leben du bist – die Kommunikation ist dir stets ein treuer und zuverlässiger Begleiter. Sprache gibt deinen Emotionen einen Klang, deinen Träumen eine Stimme und deinen Werten einen Ausdruck. Sprache verbindet uns Menschen immer wieder, ganz gleich, welche sozialen, religiösen oder nationalen Hintergründe wir haben. Das ist Kommunikation. Ein universelles Bindeglied, mit dem wir alles erreichen können, was wir erreichen wollen. Ich selbst habe seit meinem 12. Lebensjahr täglich eben genau hiermit zu tun: Kommunikation und Psychologie.
Durch die Corona-Krise hat sich einiges geändert, zum Teil auch unsere Kommunikation miteinander, die jetzt häufiger per Telefon oder Skype stattfindet und seltener face-to-face. Wird diese Tatsache deiner Meinung nach unsere Kommunikation nachhaltig verändern und wenn ja, wie?
Definitiv wird es unsere Kommunikation verändern. Durch die Digitalisierung der Kommunikation werden wir stark darauf geprägt, „zum Punkt zu kommen“. Wir verlieren das Bewusstsein für unsere Wirkung und unsere Souveränität bzw. Authentizität. Es ist halt einfacher, in einer E-Mail oder per Zoom oder Skype etwas Unüberlegtes zu sagen. Im Angesicht zu Angesicht spielt nämlich die Körpersprache eine elementare Rolle. Wir fühlen die Reaktionen unseres Gegenübers auf einer völlig anderen Ebene. Wenn unsere Kommunikation überwiegend über Telefon oder Skype stattfindet, sollten wir uns so verhalten, als stünde das Gegenüber uns wirklich gegenüber. Wir lassen uns schnell durch Handys oder offene Browserfenster ablenken. Wir sind es unserem Gesprächspartner umso mehr schuldig, ihm bzw. ihr unsere gesamte Aufmerksamkeit zu schenken.
Durch die aktuelle Wirtschaftskrise haben viele Arbeitnehmer ihren Job verloren. Einige von ihnen müssen sich nun beruflich umorientieren, da ein Zurückkehren in die alte Branche kaum mehr möglich ist. Stell dir vor, du müsstest dich nach der Corona-Krise neu bewerben. Wie würdest du als Kommunikations-Experte vorgehen?
Zunächst einmal würde ich es von der Kommunikation trennen. Es sind grundlegende Fragen, die man sich beantworten sollte. Wer bin ich? Was kann ich besonders gut? Wofür interessiere ich mich speziell? Habe ich diese Entscheidungen für mich getroffen, kann ich daraus ein Motivationsschreiben erstellen. In diesen schwierigen Zeiten gewinnt ein relevanter Faktor immer mehr an Wert: Persönlichkeit und Menschlichkeit. Wenn du mich fragst, was ich tun würde: Ich würde meine Motivation aufschreiben.
Es ist umso wichtiger, dass wir uns darauf besinnen, was uns auszeichnet. Wenn ein Personaler oder ein Unternehmen weiß, wer du bist und was dich motiviert, das zu tun, wofür du dich jetzt bewirbst, ist die Wahrscheinlichkeit signifikant höher, gute Ergebnisse zu erzielen. Ein klassisches Motivationsschreiben erzeugt immer eine emotionale Reaktion – vorausgesetzt natürlich, dass das, was wir dort hineinschreiben auch genau das ist, was in unserem Herzen vorgeht und was uns antreibt. Ich kann hierfür nur die folgenden Fragen als Idee an die Hand geben:
- Wer bin ich und was sollte man über mich wissen?
- Was zeichnet meine bisherige berufliche Karriere aus?
- Warum möchte ich in eine andere Branche wechseln?
- Welchen Mehrwert bringe ich dem Unternehmen, in dem ich mich bewerbe?
Wie schafft man es, sich während der Corona-Krise von anderen Bewerbern abzuheben?
Durch Echtheit. Durch das bewusste und klare kommunizieren, was man will. Viele schreiben und sprechen, was andere Menschen hören wollen und vergessen dabei ihre eigene Persönlichkeit. Meiner Meinung nach ist es deutlich sinnvoller und wirksamer, wenn wir sagen, was in uns vorgeht. Natürlich möchte kein Personaler alle Ängste und Sorgen wissen. Es ist jedoch durchaus relevant zu beschreiben, welche Ziele und Intentionen wir haben.
Differenzierung von Mitbewerbern kann unter anderem durch das Motivationsschreiben erfolgen. Weiter gedacht steht die Digitalisierung im Fokus. Warum nicht anstelle einer klassischen schriftlichen Bewerbung ein Video erstellen? Warum den Lebenslauf nicht auch mal als Videodokumentation erstellen? Ich finde es immer sinnvoll, die Medien zu nutzen, mit denen wir uns jeden Tag beschäftigen. Hierfür könnte man auch zum Beispiel ein eigenes Social Media Geschehen aufbauen. Ein Instagram-Channel, der sich mit der eigenen Person beschäftigt und dem möglichem neuen Arbeitgeber zeigt, wer man ist. Akzente setzen und ein altes Prinzip des Marketings nehmen: Anders sein, als die anderen. Das bringt meiner Meinung nach immer die besten Ergebnisse.
Hast du Tipps für den beruflichen Neustart?
Definitiv. Mache das, was dein Herz dir sagt. Viele Menschen sind der Meinung, dass man einen Job machen sollte, um seine Kosten zu decken und um ein Leben finanzieren zu können. Ganz ehrlich? Wie will man denn da nachhaltig zufrieden, glücklich und erfüllt sein? Nimm dir die Zeit, die du brauchst, um deine Berufung zu identifizieren. Hierzu gehören auch die Fragen aus dem Motivationsschreiben aus der vorletzten Frage. Wenn du weißt, wer du bist, kannst du wissen, welches Unternehmen dich braucht.
Neben dem Erkennen der eigenen Berufung solltest du dich mit deinen Interessen beschäftigen. Versuche in das Gespräch mit Personen aus dem jeweiligen Zielberuf zu kommen und stelle dort relevante Fragen. Verschaffe dir einen Einblick des jeweiligen Berufes. Je mehr Informationen du erhältst, desto klarer wird deine Vision und in der Folge auch deine Identifikation mit deiner möglichen neuen Position.
Vorstellungsgespräche werden nun häufiger per Telefon- oder Video-Interview durchgeführt. Dabei sind oft ganz andere Dinge entscheidend, als bei einem persönlichen Gespräch. Wie kann man sich zu Corona-Zeiten am besten auf Vorstellungsgespräche vorbereiten?
Man muss hier in zweierlei Hinsichten überlegen. Ist es rein telefonisch – oder wird man sich auch via Zoom oder Skype sehen? Ist es ein reines Telefonat, dann darf es natürlich nicht an einer ruhigen Kulisse scheitern. Ein Hintergrund, der Ruhe, Harmonie und keine Ablenkungen verspricht. Du solltest schauen, in welcher Position du dich wohlfühlst. Unsere Körperhaltung und Körpersprache sind verbal wahrnehmbar. Selbstverständlich solltest du dich jetzt nicht auf deine Couch pflanzen und es dir dort liegend gemütlich machen! Du kannst aber durchaus dich bequem auf deine Couch setzen und dir auch etwas zum Schreiben bereitlegen.
Oftmals wird sogar unsere Kleidung unterschätzt, wobei dies insbesondere bei Zoom oder Skype zutrifft. Würden wir in einem echten Bewerbungsgespräch in Jogginghose und einem ausgewaschenen T-Shirt sitzen? Ich denke nicht. Die Redewendung „Kleider machen Leute“ bezieht sich hierbei auf die psychologische Positionierung unserer eigenen Persönlichkeit. Die grundlegende Haltung sollte voller Respekt und Wertschätzung sein. Was wir unter anderem durch unsere Kleidung zeigen.
Haben wir es mit einem Zoom- oder Skypegespräch zu tun, dann sollte auch der Hintergrund sinnvoll gewählt werden. Keine Ablenkungen, ruhige Farben, keine kitschigen Poster oder Werbeversprechen im Hintergrund 😉 Auch deine Haltung spricht wieder für sich. Achte auf eine Kameraposition auf Augenhöhe. Versuche den Blick auch in Richtung der Kameralinse zu belassen, wenn du redest. Achte darauf, dass du wirklich sichtbar bist und nicht nur dein Kopf. Wichtig ist, dass mein deinen Oberkörper sieht – vom Bauch aufwärts.
Vielen Dank für das spannende Interview, lieber Alexander. 🙂
Wer ist Alexander Ellmer?
Alexander Ellmer ist Kommunikationsexperte, Speaker und Trainer. Seit mehr als 20 Jahren beschäftigt er sich mit den Themen Kommunikation, Psychologie und NLP. Mit dem Namen „Kommunikationskrieger“ ist er einer der angesagtesten Kommunikationsexperten in Deutschland. Mehr Informationen und Trainings sind in seiner Facebook-Gruppe.
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Marina ist Redakteurin, Content-Managerin & Autorin. Sie hat Romanische Sprachen, Literatur & Linguistik an der Ludwig-Maximilians-Universität München studiert. Schreiben ist für sie nicht nur ein Beruf, es ist auch ihre große Leidenschaft. Für careeasy – Dein Karrieremagazin von stellenanzeigen.de schreibt Marina freiberuflich über Themen rund um Bewerbung, Karriere und Persönlichkeitsentwicklung.