Digitalisierung auf dem Vormarsch: Ist mein Job bald weg?
Die Corona-Pandemie hat der Digitalisierung in vielen Bereichen einen gewaltigen Schub nach vorn verpasst. Und der war auch nötig, um im internationalen Vergleich im Wirtschaftsleben mithalten zu können. Doch wen betrifft die Digitalisierung überhaupt? Und ist dein Job dadurch gefährdet?
Inhaltsverzeichnis
Über kurz oder lang wird die Digitalisierung jeden Arbeitnehmer in irgendeiner Art und Weise betreffen. Die Frage ist, in welchem Ausmaß sie Auswirkungen auf die unterschiedlichen Berufe haben wird.
Doch was meint man eigentlich mit dem Schlagwort „Digitalisierung“?
Definition:
Generell versteht man unter Digitalisierung den Prozess, analoge Werte in digitale Formate umzuwandeln. Im weiteren Sinn bezeichnet er auch die Transformation vieler bisher manuell ausgeführter Tätigkeiten in automatisierte Abläufe. Mittlerweile steht der Begriff zudem ganz generell für die Themen Computerisierung der Arbeitswelt, KI (Künstliche Intelligenz) und Informationszeitalter.
Die Angst vor der Technisierung der Arbeitswelt
Doch was genau „bedroht“ da eigentlich unsere Arbeitswelt? In erster Linie erhofft sich die Wirtschaft ja von der Digitalisierung eine Verbesserung vieler Abläufe. Wodurch?
Durch Standardisierung, durch Automatisierung, und durch den Wegfall der „Fehlerquelle“ Mensch. Möglich machen das eine stetig wachsende Rechnerleistung sowie immer mehr Daten, die für maschinelles Lernen zur Verfügung stehen.
Was sehr hart klingt, ist jedoch in vielen Branchen durchaus Fakt: Ist es zum Beispiel im Logistikwesen oder auch im Reinigungssektor möglich, gewisse Abläufe maschinell erledigen zu lassen, die bislang von Menschen übernommen wurden, so birgt das für Unternehmen folgende Vorteile:
- Wegfall von Pausenzeiten: Mitarbeiter brauchen (auch gesetzlich vorgeschrieben!) Pausen. Diese sind strikt einzuhalten. Während der Pausen ruht die Arbeit. Eine Maschine kann pausenlos im Einsatz sein.
- Wegfall von Fehlzeiten durch Krankheit oder Urlaub: Ein automatisiert ablaufender Prozess oder eine Maschine brauchen beides nicht; normale Arbeitnehmer hingegen schon.
- Begrenzung der Arbeitszeit: Arbeitnehmer dürfen eine gewisse Arbeitsstundenzahl pro Tag nicht überschreiten. Das gilt für Maschinen oder automatisierte Prozesse nicht.
- Präzision: Irren ist menschlich, sagt man so schön. Selbstverständlich kann jedem Arbeitnehmer immer auch mal ein Fehlgriff passieren.
Maschinen funktionieren strikt nach Programm, in der Regel extrem zuverlässig. Aber sie sind natürlich von bestimmten Faktoren abhängig, wie beispielsweise der Stromversorgung oder einer stabilen Internetverbindung. - Reduktion des Kostenfaktors: In der Anschaffung mögen Maschinen oder Automatisierungen teuer sein, im Unterhalt sind sie oft jedoch im Vergleich zu Arbeitnehmern unschlagbar günstig. Sie bekommen kein Gehalt, man muss keine Sozialabgaben für sie zahlen, sie erhalten kein Krankengeld bei Arbeitsausfall usw.
Doch die Digitalisierung beschränkt sich nicht nur auf den Einsatz von Maschinen. Software und Algorithmen werden immer intelligenter. Auch komplexe Abläufe können mittlerweile autonom technisch gesteuert werden, wie beispielsweise das autonome Fahren beweist. Auch Prozesse wie Sprach- und Bilderkennung oder intelligente Übersetzungsprogramme zeigen, welche Leistungen mittlerweile automatisiert ablaufen können – und vor allem mit welchem hohen Qualitätsergebnis.
Hinzu kommt: In manchen Bereichen kann die Verarbeitung und der Abgleich einer immens großen Menge von Daten von Menschen kaum mehr ausgeführt werden. Hier haben Rechner einen klaren Vorteil.
Müssen wir also jetzt alle um unsere Jobs bangen? Droht unserer Gesellschaft der groß angelegte Jobverlust?
Der Mensch als einzigartige Arbeitskraft
Die Antwort lautet: „Jein.“ Sicherlich wird es große Auswirkungen auf Arbeitsmarkt und Wirtschaftsleben haben, wenn viele Prozesse in Zukunft automatisiert ablaufen können, für die bislang ein Mensch an der Maschine oder am Computer benötigt wurde. Jedoch bringt der Mensch als Arbeitskraft auch einige Skills mit, die Algorithmen oder Maschinen bislang nicht auf Lager haben. Flexibel reagieren, individuelle Problemlösung, kreative Ideen – all das sind Kernkompetenzen des Menschen, die (noch) nicht so leicht ersetzt werden können.
Deshalb lohnt es sich, ganz genau hinzuschauen, welche Abläufe und Prozesse zukünftig von Robotern, Maschinen oder künstlicher Intelligenz übernommen werden können, und welche nicht. In vielen Fällen werden auch nicht ganze Jobs verschwinden, sondern sich die Aufgabenbeschreibung, das Jobprofil und das Tätigkeitsfeld eines Berufs verändern bzw. verschieben.
Viele Jobs gering Qualifizierter in Gefahr
Generell lässt sich sagen, dass aktuell viele einfache Abläufe, sich ständige wiederholende Prozesse und Handgriffe bereits digitalisiert ablaufen. Hier hat bereits ein Wandel in der Industrie stattgefunden. Dadurch sind in erster Linie einfache Tätigkeiten in Lager, Logistik, produzierendem Handwerk, Reinigung, Herstellung, Transportwesen, Service, aber auch am PC bedroht. Einzelne Berufe könnten in Zukunft ganz wegfallen, andere werden sich im nächsten Jahrzehnt durch den digitalen Wandel stark verändern.
Aktuell werden vor allem Tätigkeiten für geringer qualifizierte Beschäftigte abgebaut, die klassischen „Hilfsjobs“, für die man bislang keine Ausbildung und nur eine kurze Anlernphase benötigte. Einige dieser Berufsprofile werden sich in Richtung eines stärker kreativen, verantwortlicheren Aufgabenbereichs wandeln – und einer damit einhergehenden, notwendigen höheren Qualifizierung.
Darüber hinaus werden sicher auch neue Berufe und neue Arbeitsplätze entstehen, da sich viele Prozesse und Abläufe insgesamt wandeln werden.
Doch in welchem Ausmaß findet all das statt? Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) geht davon aus, dass die Digitalisierung bis zum Jahr 2035 unterm Strich nur geringe Auswirkungen auf das Gesamtniveau der Beschäftigung in Deutschland haben wird. Laut der Modellrechnungen der entsprechenden Studie dürften bis 2035 rund 1,5 Millionen Arbeitsplätze wegfallen. Jedoch entspreche dies ungefähr der Anzahl der Arbeitsplätze, die durch die Digitalisierung auch neu entstünden.
Kreativität, Problemlösungskompetenz und Empathie als Schlüsselqualifikationen
Man kann es auch so sehen: Die Digitalisierung kann dem Menschen bestimmte Arbeitsvorgänge abnehmen, wodurch er sich auf weitaus spannendere, interessantere Aufgaben fokussieren kann. Fällt einiges an langweiligen Routinearbeiten weg, ist mehr Zeit für Kreativität, für das Spinnen neuer Ideen, für Erfindergeist, aber auch für das Entdecken ungewöhnlicher Lösungen – und natürlich für das Treffen von Entscheidungen, aber auch das Anleiten (Beispiel Führungskräfte). Dies sind die Kernkompetenzen des Menschen, die in absehbarer Zeit noch kaum von Algorithmen oder Robotern übernommen werden können.
Jedoch birgt dieses Gesellschaftsmodell durchaus eine gewisse soziale Sprengkraft. Denn was passiert mit dem Arbeitsmarkt für geringer Qualifizierte, der ja aktuell da ist, und für den auch entsprechendes „Personal“ vorhanden ist? Nicht jeder Mensch möchte und kann sein Aufgabengebiet entsprechend erweitern und anpassen. Es wird deshalb auch in Zukunft wichtig sein, einen Arbeitsmarkt für einfach qualifiziere Arbeitnehmer vorzuhalten – allein aus gesellschaftspolitischer Sicht.
Sicher, all die künstliche Intelligenz und die Algorithmen laufen nicht von selbst an, sie wollen richtig angewandt, gelesen, ausgewertet und eingesetzt werden. Doch dazu wird nicht jeder Arbeitnehmer in der Lage sein.
Wie stark ist dein Job bedroht?
Du möchtest nun wissen, wie stark dein Job von der Digitalisierung bedroht ist? Das IAB hat auf seiner Homepage einen entsprechenden Rechner installiert. Unter
kannst du dein Berufsbild eingeben und erfährst dann, wie gefährdet dein Job ist bzw. zu wie viel Prozent er durch digitale Prozesse ersetzt werden kann.
Verschiedene Studien gehen davon aus, dass die Digitalisierung vor allem in folgenden Branchen zu einem Stellenabbau führen wird:
- produzierendes Gewerbe (z. B. Automobilbranche, Bergbau, Metallerzeugung, …)
- verarbeitendes Gewerbe (u. a. auch chemische und pharmazeutische Industrie, Möbelherstellung, …)
- Logistik (Transportwesen, Post, …)
Zugleich werden in erster Linie im Bereich „Information und Kommunikation“ viele neue Stellen entstehen, aber auch im Segment „Erziehung und Unterricht“. Coachen und Lehren ist mit Sicherheit ein Aufgabenfeld, dass auch zukünftig viel direkter Menschlichkeit bedarf.
Das medizinische, therapeutische und pflegerische Arbeitsumfeld bleibt in seinen Kernaufgaben vom digitalen Wandel eher unberührt. Sicherlich werden intelligente Gerätschaften in Medizin und Pflege zukünftig Arbeitsabläufe erleichtern. Doch die hauptsächliche Aufgabe des Pflegens, Umsorgens und Therapierens wird in absehbarer Zeit zumindest der menschlichen Arbeitskraft vorbehalten bleiben.
Fazit
Die Digitalisierung wird unser Berufsleben nachhaltig verändern; in vielen Bereichen hat sie es bereits getan. Vermutlich wird kaum ein Job ohne jegliche Veränderung aus ihr hervorgehen. Nicht immer heißt das jedoch automatisch Stellenabbau und Jobverlust. Oftmals werden sich Aufgabenbereiche wandeln und Anforderungsprofile an die Beschäftigten verschieben. Dies erfordert von den aktuell Beschäftigten einen hohen Willen, sich fortzubilden und sich auf Veränderungen einzulassen. In bestimmten Bereichen jedoch wird der Einsatz digitaler Prozesse auch Jobs kosten. Speziell viele Arbeitsplätze im Bereich einfacher Hilfsjobs sind davon betroffen.
Quellen:
iab.de, wiwo.de
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Veronika ist Redakteurin und Content-Managerin. Sie hat Kommunikationswissenschaften, Arbeits- und Organisationspsychologie sowie Französische Sprachwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität in München studiert und ist bereits über 15 Jahre journalistisch in Print und online unterwegs. Für careeasy – Dein Karriere-Magazin von stellenanzeigen.de recherchiert und schreibt Veronika zu Themen rund um Studium & Ausbildung, Karriere, Gesundheit im Job und Arbeitsrecht.