Der Schock sitzt tief: Dein Chef hat dir gekündigt, und du kannst – nach Ablauf deiner Kündigungsfrist – deine sieben Sachen packen. Doch Moment, war da nicht noch was? Jetzt soll die Firma doch endlich mal für dich blechen, Stichwort „Abfindung“ – oder? Aber aufgepasst: Eine mögliche Abfindung zu berechnen, ist gar nicht so leicht.

Du siehst dir lieber ein Video an? Los geht’s: In diesem neuen Video unserer Arbeitsrecht-Serie „Recht haben!“ von stellenanzeigen.de erklärt dir unsere Expertin Livia Merla, Fachanwältin für Arbeitsrecht, was du zum Thema Abfindung unbedingt wissen solltest.

Hier geht es zum Video:

Entstanden in Zusammenarbeit mit mgp-rechtsanwalt.de


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Was ist eine Abfindung?

Eine Abfindung ist eine einmalige außerordentliche Zahlung vonseiten des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber verspricht dem Arbeitnehmer dabei eine Geldsumme in zu vereinbarender Höhe. Damit verbunden ist die Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses zwischen den beiden Parteien. Die Abfindung kann sozusagen als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes und der zu erwartenden Einnahmen gewertet werden.

Die Abfindungshöhe ist nie fix und wird immer individuell vereinbart. Sie orientiert sich in den meisten Fällen an der Dauer des Arbeitsverhältnisses bzw. der Anzahl der Beschäftigungsjahre im Betrieb, der Höhe des bisherigen Bruttomonatsgehalts und kann von weiteren Faktoren abhängen.

Möchtest du wissen, wie viel dir netto von deiner Abfindung bleibt? Unser Abfindungsrechner zeigt es dir.


Abfindungsrechner

Mit diesem Abfindungsrechner kannst du dir ausrechnen, wie viel Abfindung du nach Abzug der zu erwartenden Steuern tatsächlich erhältst. Berücksichtigt ist dabei auch die Höhe des mittlerweile nur noch für höherer Einkommen geltenden Solis.

Gib die zu erwartende Abfindungshöhe, dein Jahreseinkommen (brutto) und weitere Daten ein. Der Rechner zeigt dir als Ergebnis sofort an, wie viel Geld netto bleibt.


Wer hat Anspruch auf eine Zahlung?

Abfindungsregelungen

Das Thema Abfindung kommt auf die Agenda, wenn eine Kündigung ausgesprochen wurde, oder manchmal auch, wenn ein Aufhebungsvertrag oder ein Abwicklungsvertrag angeboten wurde. Hast du also die Kündigung erhalten, kannst du dich genauer darüber informieren, ob du reelle Chancen auf eine Abfindung hast. Wichtig ist dabei: Ein echter Anspruch auf eine Abfindung lässt sich allein aus der Gesetzeslage nicht herleiten. Allerdings erhalten Arbeitnehmer in vielen Fällen durchaus respektable Abfindungszahlungen, allerdings zum Teil erst nach Gerichtsverfahren bzw. nachdem der Betriebsrat eingeschaltet wurde. Im Normalfall solltest du dich also darauf einstellen, dass du selbst aktiv werden und für deine Abfindung kämpfen musst. Von sich aus verschenken die wenigsten Arbeitgeber Abfindungen.

Doch unter welchen Voraussetzungen kann ein Arbeitnehmer nun einen Anspruch auf Abfindung geltend machen?

Abfindungsregelungen von Unternehmen oder Branchen können enthalten sein in

  • Sozialplänen,
  • Tarifverträgen oder
  • – rein theoretisch, aber in der Praxis äußerst selten – Arbeitsverträgen.

Es lohnt sich also, nachdem du deine Kündigung erhalten hast, einmal gut in deinen Unterlagen zu wühlen. Durchforste deinen Arbeitsvertrag nach entsprechenden Vereinbarungen bzw. informiere dich bei deinem Betriebsrat über die gängigen Regelungen. In seltenen Fällen enthält auch die Kündigung selbst bereits einen Zusatz, der den Arbeitnehmer auf das Angebot einer Abfindung hinweist. Aber Vorsicht: Es gibt keine Regelabfindung.

Abfindung Kündigung
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Kündigungsschutzgesetz

Rechtlich gesehen taucht die Abfindung im § 1a des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) auf. In diesem Fall sichert der Arbeitgeber bereits im Kündigungsschreiben eine Abfindung zu. Im Gegenzug verzichtet der Arbeitnehmer dabei auf sein Recht, Kündigungsschutzklage erheben zu können.

Grundsätzlich hat ein Arbeitnehmer, der länger als sechs Monate in einem Betrieb mit mehr als zehn Beschäftigten angestellt ist, einen entsprechenden Kündigungsschutz aufgrund des Kündigungsschutzgesetzes. Das heißt, dass der Arbeitgeber eines Kündigungsgrunds nach dem Kündigungsschutzgesetz für den Ausspruch einer Kündigung bedarf. Der Arbeitnehmer kann eine ordentliche, fristgemäße Kündigung daraufhin gerichtlich überprüfen lassen. Das offizielle Ziel solch einer Kündigungsschutzklage ist in der Regel, das alte Arbeitsverhältnis doch beizubehalten, womit dann natürlich auch die Zahlung einer Abfindung obsolet wäre. In der Praxis enden solche Klagen jedoch oftmals damit, dass der Arbeitnehmer die Firma verlässt – jedoch dann eben mit der Zahlung einer Abfindung, auf die man sich gemeinsam geeinigt hat.

Wichtig ist in diesem Fall, dass es sich um eine betriebsbedingte Kündigung bzw. um eine Kündigung handelt, deren Grund du nicht verschuldet hast. Denn klar ist: Erhältst du eine fristlose Kündigung, zum Beispiel aufgrund groben Fehlverhaltens deinerseits oder nachdem du bereits mehrere Abmahnungen von deinem Arbeitgeber erhalten hast, gehen deine Chancen auf eine Abfindungszahlung selbstverständlich gegen null. Versuchen kannst du es aber trotzdem.

Abfindung berechnen: Wie viel Geld gibt es? Beispiele

Hast du bereits geklärt, dass du Anspruch auf eine Abfindung hast, möchtest du natürlich wissen, mit welcher Summe du ungefähr rechnen kannst. Die Abfindungshöhe hängt vor allem von zwei Faktoren ab: Von deinem Gehalt und der Dauer deiner Betriebszugehörigkeit. Für klassische Abfindungszahlungen aufgrund betriebsbedingter Kündigungen hat sich eine Formel etabliert, die den Regelsatz berechnet:

Bruttomonatsgehalt x 0,5 x Jahre der Betriebszugehörigkeit

Beispiel:

Sarah war fünf Jahre im Büro eines Versicherungsunternehmens angestellt. Nun hat sie ihre ordentliche Kündigung erhalten. Bereits in früheren Kündigungsfällen hat sich hier der Betriebsrat eingeschaltet; Sarah weiß von ehemaligen Kollegen, die eine entsprechende Abfindung erhalten hatten. Ihr bisheriges Bruttomonatsgehalt lag bei 3.150 Euro. Somit rechnet Sarah mit folgender Formel für die Abfindungszahlung:

3.150 Euro x 0,5 x 5 = 7.875 Euro

Allerdings ist die Höhe der Abfindung immer individuell zu betrachten. Gerade bei hoch dotierten Posten und einer eher kurzen Betriebszugehörigkeit, zum Beispiel erst knapp über der gesetzlich geforderten sechs Monate, ergeben sich relativ geringe Beträge. Vor allem, wenn du dir dann bei einer Kündigungsschutzklage gute Chancen einräumst, dass deine Kündigung nicht rechtens gewesen ist, kannst du hier höher pokern und ruhig mehr von deinem Arbeitgeber verlangen. Denn: Verliert er schlussendlich die Kündigungsklage, müsste er dir ja auch den Verdienstausfall für die dazwischen liegenden Monate erstatten und dich anschließend weiter beschäftigen. Wichtig, um die Höhe deiner Abfindung zu berechnen, ist also, mit welcher Begründung dir vom Arbeitgeber gekündigt wurde.

Als ungeschriebenes Gesetz kann also gelten:

  • Sind deine Chancen, eine Kündigungsschutzklage zu gewinnen, relativ hoch, dann kannst du auch beim Festsetzen der Abfindungssumme eher hoch pokern.
  • Siehst du allerdings andersherum nur geringe Chancen, solch eine Klage zu gewinnen, solltest du die Abfindungssumme, die du von deinem Arbeitgeber forderst, auch nicht zu hoch ansetzen.

Versteuerung der Abfindung

Wurde dir eine entsprechende Zahlung zugesichert, kannst du dich freuen. Aber aufgepasst: Auch dieses Geld muss in Deutschland versteuert werden. Allerdings betrachtet der Gesetzgeber einmalige Abfindungszahlungen anders als regelmäßiges Einkommen. Der Vorteil für dich: Sozialversicherungsbeiträge, also beispielsweise Beiträge für Renten- und Krankenversicherung, fallen dabei nicht an, sondern nur die Lohnsteuer. Das heißt, dir bleibt von der Abfindung mehr als von deinem normalen Gehalt.

In einigen Fällen wird die sogenannte Fünftelregelung angewandt. Das bedeutet: Zunächst wird die Steuer für das Jahreseinkommen ohne Abfindung berechnet. Anschließend wird ein zweiter Steuersatz berechnet: Dafür wird deinem sonstigen Einkommen ein Fünftel deiner erhaltenen Abfindungshöhe hinzuaddiert. Die Differenz aus den beiden Steuerbeträgen wird anschließend mit fünf multipliziert (deshalb: Fünftelregelung) und dieses Ergebnis entspricht dann der zu zahlenden Lohnsteuer (Quelle: steuern.de).

Gerade, wenn man eine hohe Abfindung bekommt, sollte man sich unbedingt vorab beraten lassen. Denn steuerlich lässt sich hier sehr viel optimieren, besonders was den Auszahlungszeitpunkt angeht. Kümmere dich deshalb im Vorfeld darum, wie genau die Abfindungszahlung gestaltet werden soll. Dann gibt es kein böses Erwachen in Hinblick auf die Abzüge und zu zahlenden Steuern auf deine Einkünfte.

Abfindungszahlung
Bildquelle: www.istockphoto.com / BernardaSv

Praxis-Beispiele

Alle Theorie ist grau und jeder Fall ein Unikat? Vielleicht können dann unsere folgenden fiktiven Beispiele ein wenig mehr Licht ins Dunkel der Abfindungspraxis bringen, und du entdeckst einen Fall, der deinem nahe kommt.

Wichtig ist: Um auf Nummer sicher zu gehen, solltest du dir auf jeden Fall juristischen Beistand suchen und dich individuell fachkundig beraten lassen. Denn oftmals geht es ja bei der Abfindung um bedeutende Summen. Aufgepasst auch bei der Steuerlast: Hier lohnt es sich fast immer, vorab bei einem Steuerberater nachzufragen. Zur eigenen Orientierung kannst du zusätzlich deine zu erwartende Abfindungssumme in unseren Abfindungsrechner eingeben. Der Rechner zeigt dir dann an, welche Steuerlast zu erwarten ist.

Fall 1: 

Thomas ist bereits seit zehn Jahren bei einer Werbeagentur Texter angestellt. Die inhabergeführte Werbeagentur ohne Betriebsrat beschäftigt insgesamt sieben Mitarbeiter. Schon das ganze letzte Jahr über war offensichtlich, dass der Laden schlecht lief: Aufträge blieben aus, der Umsatz brach ein, Neukunden konnten nicht gewonnen werden. Schließlich sieht sich der Chef gezwungen, den Betrieb komplett einzustellen. Thomas und auch alle anderen Mitarbeiter erhalten ihre betriebsbedingten Kündigungen aufgrund der Betriebsschließung fristgerecht mit der ihnen jeweils gesetzlich bzw. arbeitsvertraglich zustehenden Kündigungsfrist. Thomas will sich nun über eine mögliche Abfindung informieren. Aufgrund seiner langen Betriebszugehörigkeit müsste doch da einiges für ihn rausspringen, oder?

Leider hatte Thomas keinen Erfolg. Sein juristischer Berater hat ihm die Situation wie folgt dargelegt: Da der komplette Betrieb schließt, besteht keine Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung im Unternehmen. Weil es zudem keinen Betriebsrat gibt, greift kein Sozialplan. Außerdem wurden ja alle Mitarbeiter entlassen. Da die Kündigung fristgerecht ausgesprochen wurde, hat Thomas keine Aussichten auf eine Abfindung. Er macht sich stattdessen schnell auf Jobsuche und hat Glück: Er erhält sehr kurzfristig ein neues Stellenangebot. Mit seinem aktuellen Arbeitgeber kann er sich auf einen Aufhebungsvertrag einigen und kommt so früher als gedacht aus dem alten Arbeitsverhältnis.

Fall 2: 

Lara ist Chef-Einkäuferin in einem großen Modeunternehmen. Sie hat letzte Woche ihre betriebsbedingte Kündigung erhalten, angeblich aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen. Intern ist allerdings durchgesickert, dass bereits eine neue Führungskraft von extern auf ihren Posten rücken soll. Lara war 3 Jahre im Betrieb angestellt und verdient ein Monatsgehalt von 5.500 Euro brutto. 

Lara hat nicht lange gefackelt und ist aktiv geworden. Noch bevor die gesetzliche Klagefrist von drei Wochen verstrichen war, hat sie Klage vor dem Arbeitsgericht eingereicht. Und siehe da: Es kam kein Prozess zustande, denn das Unternehmen lenkte ein und bot ihr eine Abfindungszahlung von 10.000 Euro an. Laura zeigte sich mit dieser Summe einverstanden, vor allem, da sie auch wenig Lust auf eine lange Verhandlung vor Gericht hatte.

Fall 3:

Ludger ist seit acht Monaten als Automechaniker bei einer Kfz-Reparaturwerkstatt angestellt. Er verdient 2.800 Euro brutto im Monat. Vor zwei Tagen hat er nun eine betriebsbedingte Kündigung erhalten. Sein Chef teilte ihm mit, dass er sich aufgrund der schlechten Auftragslage von einem Mechaniker verabschieden müsse, und er sei schließlich als letztes eingestellt worden. Nun fragt Ludger sich, ob er zumindest das Recht auf eine geringe Abfindung hat.

Seine gewünschte Abfindung kalkuliert hatte Ludger schon mal: 1.400 Euro hätte er gerne geltend gemacht. Doch damit kann er leider nicht rechnen: Er hat wohl bei seinem Chef angefragt, doch dieser ist hart geblieben. Aufgrund der relativ geringen Summe hatte Ludger kein Interesse daran, vor das Arbeitsgericht zu ziehen mit dem Risiko einer längeren Verhandlung. Ein befreundeter Anwalt hatte ihm zudem erklärt, dass seine Chancen relativ schlecht stünden, da sein Chef ihm fristgerecht und ordentlich gekündigt habe – und sogar nach Sozialplan.

Fazit

Ein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung besteht nicht. Allerdings kann es sich in vielen Fällen lohnen, um solch eine Ausgleichszahlung vom Arbeitgeber zu kämpfen. Handelt es sich um eine betriebsbedingte Kündigung, bist du bereits relativ lang im Unternehmen tätig und steht keine komplette Betriebsschließung an, dann stehen deine Chancen oftmals gar nicht so schlecht. Von Vorteil ist zudem, wenn es einen Betriebsrat oder eine Tarifbindung im Unternehmen gibt. Um die Höhe einer eventuellen Abfindung zu berechnen, gibt es eine grobe Faustformel. Allerdings kann sich diese in manchen Fällen als ungeschickt erweisen, sodass jeder Fall individuell zu beurteilen ist. Es lohnt sich immer, Rat bei Fachanwälten für Arbeitsrecht zu suchen und sich dort qualifizierte Hilfe zu holen. Denn gerade auch in Hinblick auf die zu zahlenden Steuern und Abzüge ist professionelle Unterstützung vorteilhaft. Mit einem Abfindungsrechner kannst du vorab grob berechnen, wie viel dir netto von deiner Abfindungssumme bleibt.

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Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die männliche Form (generisches Maskulinum), z. B. „der Mitarbeiter“. Wir meinen immer alle Geschlechter im Sinne der Gleichbehandlung. Die verkürzte Sprachform hat redaktionelle Gründe und ist wertfrei.