Abmahnung im Arbeitsrecht: Die gelbe Karte für den Arbeitnehmer
Spricht der Arbeitgeber eine Abmahnung aus, ist das für den Arbeitnehmer gleichbedeutend mit einer gelben Karte. Die zeigt der Arbeitgeber regelmäßig bei einer arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung. Insoweit hat sie eine „Verwarnfunktion“, die sich auf einen konkreten Vorfall bezieht. Welche Voraussetzungen gelten, welchen Zweck sie erfüllt, wann sie wirksam ist, und was du tun kannst, wenn du eine Abmahnung erhalten hast – informiere dich hier!
Inhaltsverzeichnis
Die Voraussetzungen einer Abmahnung
Typische Gründe für eine Abmahnung sind beispielsweise Mobbing und Beleidigung von Kollegen, unentschuldigtes Fehlen, keine oder eine zu spät eingereichte Krankmeldung, privates Surfen im Internet, Verstöße gegen betriebliche Rauch- und Alkoholverbote sowie nicht angezeigte oder nicht erlaubte Nebentätigkeiten. Das bedeutet, dass nur bestimmte Verhaltensweisen das Arbeitsverhältnis gefährden können. Damit eine Abmahnung im Rechtssinne vorliegt, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, nämlich diese:
- Der Arbeitgeber ist verpflichtet, das abgemahnte Verhalten detailliert zu beschreiben, wozu auch die Nennung von Datum und Uhrzeit gehören. Es darf sich nicht um pauschale Hinweise handeln, zum Beispiel „häufiges Zuspätkommen“.
- Der Arbeitgeber muss das beanstandete Verhalten als Vertragsverstoß, als arbeitsvertragliche Pflichtverletzung rügen.
- Er muss den Arbeitnehmer außerdem dazu auffordern, dieses vertragswidrige Verhalten zukünftig zu unterlassen.
- Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer deutlich machen, dass er im Wiederholungsfall mit einer Kündigung zu rechnen hat.
Nicht erforderlich ist bei einer Abmahnung – anders als bei einer Kündigung – eine Anhörung des Betriebs- bzw. Personalrats. Zur Abmahnung berechtigt sind nicht nur die Personen in einem Unternehmen die eine Kündigung aussprechen dürfen. Dazu gehören auch alle Personen, die gegenüber dem Arbeitnehmer weisungsberechtigt sind.
Zweck einer Abmahnung
Regelmäßig ist die Abmahnung eine notwendige Voraussetzung dafür, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer verhaltensbedingt, ordentlich kündigen kann. Anders ausgedrückt: Verhältst du dich vertragswidrig und der Arbeitgeber versäumt es, dein Verhalten nicht mindestens einmal erfolglos abzumahnen, dann ist eine verhaltensbedingte Kündigung, die sich auf dieses Fehlverhalten bezieht, nicht rechtmäßig.
Insoweit erfüllt die Abmahnung den Zweck, dem Arbeitnehmer die Chance zu geben, die beanstandete Verhaltensweise zu ändern.
Unterliegt dein Arbeitsverhältnis nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) dem allgemeinen Kündigungsschutz, verschlechtert sich deine kündigungsrechtliche Situation durch die Abmahnung. Das bedeutet, dass sie den Bestand deines Arbeitsverhältnisses gefährdet, sodass im Wiederholungsfall eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung folgen kann. Auch wenn du durch den besonderen Kündigungsschutz geschützt bist, zum Beispiel weil du Mitglied im Betriebsrat, schwanger oder schwerbehindert bist, kann eine berechtigte Abmahnung dein Arbeitsverhältnis gefährden. Gleiches gilt für eine außerordentliche Kündigung.
Nach Auffassung der aktuellen Rechtsprechung muss ein Arbeitgeber in den meisten Fällen vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung dem Arbeitnehmer eine vorherige Abmahnung erteilen. Nach neuerer Rechtsprechung gilt das auch dann, wenn es sich um eine erhebliche Pflichtverletzung handelt, der Schaden jedoch gering ist, es sich um einen einmaligen Ausrutscher handelt oder das Arbeitsverhältnis bis dahin ohne Beanstandungen verlaufen ist.
Die Wirksamkeit einer Abmahnung
Eine Abmahnung ist nur wirksam, wenn bestimmte Funktionen erfüllt sind. Dazu gehören die Dokumentationsfunktion, die Hinweisfunktion und die Warnfunktion.
- Aufgrund der Dokumentationsfunktion ist der Arbeitgeber verpflichtet, in der Abmahnung konkret zu beschreiben, mit welchem Verhalten der Arbeitnehmer gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat. Fällt der Arbeitnehmer durch mehrmaliges Fehlverhalten auf, so muss jeder einzelne Vorfall konkret benannt werden.
- Die Hinweisfunktion besagt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer darauf hinweisen muss, dass er dieses Fehlverhalten in Zukunft unterlässt.
- Gleichzeitig hat eine Abmahnung auch eine Warnfunktion. Das setzt voraus, dass der Arbeitgeber eine konkrete Maßnahme im Falle einer Wiederholung oder eines ähnlichen Fehlverhaltens benennt. Dabei handelt es sich regelmäßig um die Androhung einer Kündigung.
- Zwischen dem Fehlverhalten des Arbeitnehmers und der Abmahnung muss ein enger zeitlicher Zusammenhang bestehen. Eine klare Zeitspanne, innerhalb dieser der Arbeitgeber reagieren muss, nennt der Gesetzgeber allerdings nicht. Liegen mehrere Wochen oder gar Monate zwischen dem Fehlverhalten des Arbeitnehmers und der Abmahnung, kann der Arbeitgeber sein Recht auf eine Abmahnung verwirken.
Versäumt der Arbeitgeber die unter Punkt 3 genannte Androhung, handelt es sich lediglich um eine Ermahnung. Oftmals wird die Abmahnung dem Arbeitgeber persönlich überreicht, wobei auch der Postweg möglich ist. Hat sich der vom Arbeitgeber abgemahnte Vorfall anders zugetragen, oder ist der Vorfall nur teilweise berechtigt, hat das zur Folge, dass die Abmahnung unwirksam ist. Festzuhalten ist, dass eine Abmahnung nicht zwingend schriftlich erteilt werden muss. Sie ist auch in mündlicher Form wirksam. Allerdings empfiehlt sich die Schriftlichkeit aus Beweisgründen, damit ihr Inhalt zu einem späteren Zeitpunkt nachvollzogen werden kann. Darauf kommt es insbesondere dann an, wenn die Abmahnung keine Verhaltensänderung beim Arbeitnehmer bewirkt und der Arbeitgeber infolgedessen eine Kündigung nachschiebt.
Abmahnung erhalten – was nun?
Hast du eine Abmahnung erhalten? Dann solltest du darauf reagieren, wofür es verschiedene Möglichkeiten gibt:
- Suche zunächst das Gespräch mit deinem Vorgesetzten oder Arbeitgeber mit dem Ziel, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Ist die Abmahnung berechtigt, kannst du das Gespräch nutzen, um dem Arbeitgeber zu signalisieren, dass du die Abmahnung akzeptierst. Auf diese Weise gelingt es dir möglicherweise, die Gesamtsituation zu entlasten und das Arbeitsverhältnis wieder zu normalisieren.
- Eine weitere Möglichkeit ist, dass du dich zunächst mit dem Betriebsrat oder Personalrat in Verbindung setzt. Gemeinsam mit der Arbeitnehmervertretung kannst du versuchen, deinen Vorgesetzten umzustimmen, sodass er im Idealfall die Abmahnung zurückzieht.
- Scheidet eine einvernehmliche Lösung aus, kannst du eine Gegendarstellung formulieren. Sinn und Zweck besteht darin, dass du den angemahnten Sachverhalt aus deiner Sicht schildern und den Arbeitgeber auffordern kannst, die Gegendarstellung in die Personalakte zu nehmen. In einer Gegendarstellung kannst du Entschuldigungsgründe für dein Fehlverhalten darlegen, die im Falle einer späteren Kündigungsschutzklage von Nutzen sein können.
- Ist die Situation verhärtet, bietet es sich an, einen Anwalt für Arbeitsrecht aufzusuchen, um klären zu lassen, ob die Abmahnung rechtmäßig ist oder nicht. Diese Variante ist vor allem dann sinnvoll, wenn sich bereits zu diesem Zeitpunkt abzeichnet, dass eine Klage die einzige Antwort auf die Abmahnung ist.
Sind alle vorgenannten Maßnahmen erfolglos, bleibt letztendlich nur der Klageweg. Das bedeutet, dass du gegen deinen Arbeitgeber klagst mit dem Ziel, dass die unberechtigte Abmahnung aus der Personalakte entfernt wird. Gute Aussichten auf eine erfolgreiche Klage hast du, wenn der Inhalt der Abmahnung unbestimmt ist, wenn sie unwahre Behauptungen enthält oder dein Verhalten rechtlich falsch bewertet wird.
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