Seit der Coronapandemie arbeiten in Deutschland so viele Menschen wie nie zuvor im Homeoffice. Die Mehrzahl der Arbeitnehmer, die das Arbeiten von zuhause nutzt, möchte es auch zukünftig nicht mehr missen. Aber klar ist auch: Zu viel Homeoffice kann deiner Karriere schaden.

Arbeiten im Homeoffice ist für viele Arbeitnehmer super: Der Arbeitsweg samt Stau oder unzuverlässiger öffentlicher Verkehrsmittel entfällt, man kann sich sein Büro zuhause so bequem einrichten, wie man will, und die lieben Kollegen haben wenig Gelegenheit zu stören. Manche Mitarbeiter berichten von ungeahnten Höhenflügen an Produktivität und effizientem Arbeiten in den eigenen vier Wänden. Der Flexibilität des viel gerühmten New Work sei Dank.

Also Homeoffice gut, alles gut?

Ganz so einfach ist es nicht. Denn die Möglichkeit, beinahe unbegrenzt im Homeoffice zu arbeiten, stellt Teams, Arbeitsgruppen und ganze Firmen vor eine gänzlich neue und andere Arbeitssituation als früher. Auch wenn dank digitaler Ausstattung auf den ersten Blick rein technisch alle Arbeitsabläufe weiterhin möglich sind: Gerade auf der zwischenmenschlichen Ebene kommt Homeoffice einem radikalen Kontaktabbruch gleich. Und dieser wirkt sich nicht nur auf den fehlenden Plausch an der Kaffeemaschine bzw. auf nette Bürofreundschaften aus.

Nein, auch

  • Karriereplanung,
  • innerbetriebliche Unterstützung und
  • Beförderungen

sind Mechanismen, die bislang zu großen Teilen auf direkter Begegnung am Arbeitsplatz beruht haben.

Und somit können dir durchaus auch berufliche Nachteile entstehen, wenn du zu viel im Homeoffice arbeitest und du dein Unternehmen kaum mehr betrittst. Die schöne neue Arbeitswelt kann einiges an Schwierigkeiten mit sich bringen, gerade was deine Karriereplanung angeht.

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Homeoffice Nachteile
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Nachteil 1: Fehlende Kontakte

Unbestritten: Wer sehr viel von zuhause aus arbeitet, trifft einfach selten und nur wenige Kollegen direkt. Natürlich stehen dir mit Videokonferenzen, Chats, Telefon und E-Mail genügend Möglichkeiten zur Verfügung, mit Kollegen in Austausch zu treten. Darüber lässt sich Berufliches wunderbar regeln. Und selbstverständlich kann man auch kurz von der vermissten Katze oder dem kranken Kind im Meeting erzählen. Aber: Direkte unmittelbare Kontakte berühren uns emotional ganz anders, als wenn ein Gespräch online stattfindet. In der echten Begegnung sind mehr Sinne involviert: Wir sehen, hören, riechen, empfinden und nehmen den anderen ganz anders wahr. Egal, ob positiv oder negativ: Solch eine Begegnung ist intensiver und bleibt mehr im Gedächtnis.

Im Büroumfeld kann das ganz konkrete Auswirkungen haben. So gibt es aufgrund von Remote Work zum Beispiel Kollegen, die wir noch nie live getroffen haben. Und zu diesen haben wir eine andere Verbindung als zu Menschen, mit denen wir schon direkten Kontakt hatten. Schlicht und ergreifend prägt man sich auch Namen und Gesichter schlechter ein, wenn man bislang ausschließlich online Kontakt hatte.

Hinzu kommt: Wer im Homeoffice arbeitet, hat generell oftmals ein Defizit an Austausch. Es ist erwiesen, dass eine gewisse Form von Kommunikation verloren geht. Die kurze Zwischenfrage über den Schreibtisch hinweg, die zufällige Begegnung im Gang – all das passiert im Homeoffice einfach nicht. Man tauscht sich in der Regel weniger und auch mit einer geringeren Anzahl an Kollegen aus. Dadurch geht schnell mal der Überblick verloren und man fragt sich: „Wer war gleich nochmal Kollege XY? Ich glaub, ich hab den noch gar nie gesehen …“ Nicht wenige Arbeitnehmer beklagen sogar eine Form von Isolation im Homeoffice.

Das kann zur Folge haben, dass sich dein Kontaktnetzwerk innerhalb der Firma deutlich verkleinert. Und soziale Kontakte können für deine Karriere extrem wichtig sein.

Nachteil 2: Du bist kein Online-Typ

Für manche Menschen sind Videokonferenzen ein Segen: Sie trauen sich erst hier aus ihrem Schneckenhaus und trumpfen plötzlich sehr überzeugend auf. Aber für andere sind Videocalls der reine Horror: Sie betrachten sich die ganze Zeit kritisch selbst im Bild, haben mit der Technik zu kämpfen oder telefonieren einfach nicht gern. Diese Menschen haben im Homeoffice einen Nachteil.

Wer im direkten persönlichen Kontakt durch ein charmantes Auftreten und eine gewinnbringende Art überzeugt, hat online nicht automatisch die gleichen Vorteile. Für diese Personen kann es sein, dass sie vor Ort im Büro viel schneller von sich und ihrer Arbeit überzeugen können, als sie es remote tun. Das ist auf jeden Fall typabhängig.

Homeoffice Nachteile
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Nachteil 3: Kontrolldruck, wo bist du?

Es gibt Arbeitnehmer, die brauchen zur Eigenmotivation ein bisschen Druck. Das trifft sicher nicht auf jeden zu. Aber nicht wenige Freunde und Kollegen berichteten zu Beginn der Corona-Pandemie davon, dass sie im Homeoffice ein echtes Motivationsproblem hätten. Zuhause lauern eben zig verschiedene Versuchungen, anderes zu tun: Nochmal zum Kühlschrank zu gehen, schnell mal die Wäsche aufhängen, das Paket flugs zur Post bringen oder online zwischendurch das Geburtstagsgeschenk für die liebe Schwester zu organisieren. Diverse Ablenkung all überall.

All diese Dinge „tut man im Büro einfach nicht“ – zuhause, ohne prüfenden Blick der Kollegin oder des Chefs, allerdings schon. Und das kann ganz schön auf Kosten deiner Arbeitsleistung gehen. Das Zuhause Arbeiten erfordert viel Selbstdisziplin und Eigenverantwortung. Nicht jeder bringt das mit.

Nachteil 4: Kreativität und Vertrauen leiden

Es gibt bestimmte Arbeitsfelder, die sich weniger gut für eine abgeschottete Tätigkeit im Homeoffice eignen. Ist man in einem kreativen Bereich tätig, in dem viel Meinungsaustausch stattfinden muss und in dem Brainstormings auf der Tagesordnung stehen, kann Homeoffice den Workflow bremsen. Hierfür ist es ab und an unerlässlich, sich live zu treffen. Tun das alle anderen Kollegen, nur du bleibst zuhause an deinem Schreibtisch hocken und schaltest dich als einzige remote zu, kann sich das als nachteilig erweisen. Denn persönlicher Austausch geht eben eine Ebene tiefer als digitaler.

Bist du in einem Umfeld tätig, in dem vertrauensvolle Gespräche wichtig sind, kann zu viel Homeoffice auch zum Problem werden. Ein Beispiel hierfür ist der HR-Bereich. Um wirklich zu erspüren, wie es den Mitarbeitern geht, welche Sorgen und Bedenken sie mit sich herumtragen, ist das persönliche Gespräch grundsätzlich die Unterhaltung erster Wahl. Denn hier öffnet man sich viel eher als in einer Videoschalte. Natürlich gestaltet sich das aktuell aufgrund der Corona-Krise schwieriger, doch die Pandemie sollte ja eine Ausnahmesituation bleiben.

Man muss also je nach Gesprächsinhalt und Ziel der Unterhaltung bewusst unterscheiden, welche Kommunikationssituation man wählt. Nicht jedes Gespräch ist für deinen Homeofficetag geeignet. Hier gilt es, seine Aufgaben geschickt zu planen. Letztendlich beeinflusst das ja auch deinen Erfolg in deinem Arbeitsumfeld.

Homeoffice Nachteile
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Nachteil 5: Direktes Lernen – Fehlanzeige

Interessant sind auch die Ergebnisse einer Untersuchung, die das Markt- und Meinungsforschungsinstitut Censuswide im Rahmen einer Befragung von über 1.000 Arbeitnehmern in Deutschland, die einer Bürotätigkeit nachgehen, im August 2021 durchgeführt hat. Jeder zweite Befragte gab hier an, dass er befürchtet, durch die Pandemie und das isolierte Arbeiten von zuhause seien die Möglichkeiten, beruflich zu lernen, stark eingeschränkt gewesen. Weiterbildungsangebote sind hierbei nicht gemeint; sondern es geht den Befragten um das direkte Lernen von Kollegen und in der unmittelbaren Zusammenarbeit im Betrieb, das oft eher beiläufig geschieht.

Tatsächlich ist das ein Manko des Homeoffice. Denn am besten lernt der Mensch direkt am Beispiel, und das gelingt erfolgreicher bei unmittelbarem Kontakt. Gerade neue Arbeitskräfte, die ihren Job in einem Unternehmen jetzt starten mussten, wissen: Wenn fast alle Kollegen im Homeoffice sind, ist eine gelungene Einarbeitung viel schwieriger umzusetzen. Zum einen ist es deutlich komplizierter, dass eine echte Bindung zum Unternehmen entsteht, zum anderen dauert es länger, sich in die noch unbekannten Aufgabenbereiche einzuarbeiten.

Arbeitgeber müssen sich hier in Zukunft sicherlich noch neue Konzepte überlegen, wie der Start im Job mit Homeoffice verbessert werden kann. Auch die fehlende emotionale Bindung zu einem Unternehmen, in dem man selten anwesend ist, kann ein Problem darstellen.

Nachteil 6: Aus den Augen, aus dem Sinn?

Ganz konkret haben viele Arbeitnehmer im Homeoffice vor einer Sache besonders Angst: der Unsichtbarkeit.

Sie denken sich: Mein Chef sieht mich kaum noch, also vergisst er mich auch.

Und zwar ganz speziell, wenn es um die nächste Beförderung geht. Interessanterweise geben in Umfragen vor allem Führungskräfte an, sie fürchten um weitere Aufstiegschancen, da durch Homeoffice die Möglichkeiten für spontanes Interagieren und Netzwerken fehlen. Ganz von der Hand weisen lässt sich diese Vermutung kaum.

Natürlich bist du gut beraten, auch im Homeoffice darauf zu achten, dass dein Chef wirklich sieht, wie gut du performst. Du musst dich also sichtbar machen, wenn ihr euch schon nicht im Büro über den Weg laufen könnt. Das lässt sich über regelmäßige One-to-One-Gespräche organisieren.

Vor allem läuft man Gefahr, sich aus dem Radar der Geschäftsführung zu bewegen, wenn alle anderen Kollegen viel vor Ort arbeiten, man selbst sich aber gar nicht mehr blicken lässt. Gerade diese Lücke zwischen Mitarbeitern im Team, die regelmäßig wöchentlich ins Büro kommen, und jenen, die monatelang nicht am Arbeitsplatz erscheinen, ist schwierig zu schließen. Hier kann eine Spaltung einer Arbeitsgruppe entstehen, was für den Erfolg der Abteilung nicht förderlich ist. Und damit letztendlich auch deiner Karriere schaden kann.

Fazit

Eine wesentliche Grundregel für erfolgreiches Homeoffice scheint tatsächlich ein steter, regelmäßiger Wechsel zwischen Homeoffice und Arbeitsplatz zu sein. Flexible Arbeitsmodelle aus zwei bis drei Tagen Homeoffice pro Woche und dem Rest in Präsenz im Büro finden auch bei Arbeitnehmern großen Anklang. Generell gilt: Beschäftigte müssen im Homeoffice darauf achten, dass die emotionale Bindung zum Unternehmen und die Kommunikation sowie der vertrauensvolle Austausch mit Kollegen nicht auf der Strecke bleiben. Das sind Dinge, die im täglichen Workflow nicht sofort vermisst werden, die sich jedoch langfristig durchaus negativ auf deine Karriere auswirken können.

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