Bewerben in Corona-Zeiten
Die Corona-Krise samt Ausnahmezustand ist völlig unerwartet und mit großer Wucht in unser Leben geplatzt. Und damit bringt sie auch alle sonst so gewöhnlichen Prozesse völlig durcheinander. Uns erreichen zur Zeit Anfragen von Jobsuchenden, die sich gerade in einem Bewerbungsprozess befinden und nicht wissen, wie sie nun reagieren sollen. Wie funktioniert das eigentlich: Bewerben in Corona-Zeiten?
Inhaltsverzeichnis
Ausnahmesituation Corona
Natürlich, die Corona-Krise kommt für jeden von uns zur Unzeit. Sie ist mit Angst und jeder Menge Einschränkungen in unserem täglichen Leben verbunden: drinnen bleiben, eventuell Homeoffice, so wenig direkte Sozialkontakte wie möglich, sämtliche Freizeiteinrichtungen sind sowieso geschlossen. Doch manch einer hat noch mit ganz anderen Sorgen zu kämpfen. Steffen Bortz (Name von der Red. geändert) zum Beispiel. Der Familienvater ist gelernter und studierter Grafiker, Mitte vierzig, und wurde im Herbst 2019 in der Probezeit gekündigt. Seitdem ist er arbeitslos und auf der Suche nach einem neuen Job – im Raum Heinsberg bzw. Düsseldorf. Dort wurden bereits zu Beginn der Corona-Krise sehr viele Covid-19-Erkrankte registriert.
So befindet er sich auch aktuell in mehreren Bewerbungsprozessen und hat seine Unterlagen an verschiedene Unternehmen verschickt; doch jetzt steht plötzlich das öffentliche Leben still. Und er fragt sich: Wie reagiere ich angemessen? Darf ich bei Unternehmen noch nachfragen, wie es um den Stand meiner Bewerbung bestellt ist?
Die Lage für Bewerber
Vielleicht ist man im ersten Moment geneigt, zu sagen: Aktuell gibt es jetzt aber wichtigere Probleme zu lösen. Doch im Einzelfall kann es durchaus entscheidend und dramatisch sein, ob man in der kommenden Zeit einen Job findet oder nicht. Denn wer länger als 12 Monate arbeitslos ist, rutscht automatisch in Hartz IV. Damit endet für denjenigen auch der Bezug des Arbeitslosengelds. Und dann kann es schnell an die Existenz gehen.
Klar ist schon jetzt: Durch die beinahe komplette Lahmlegung des öffentlichen Lebens droht ein schmerzhafter konjunktureller Einschnitt, den die Wirtschaft und damit wir alle zu spüren bekommen werden. Die Bundesregierung und die Länder kündigen momentan Rettungsschirme, finanzielle Unterstützung und spezielle Fördermaßnahmen für Unternehmen und auch Selbstständige an, um die Auswirkungen etwas abzudämpfen. Doch wer aktuell bereits arbeitslos ist, blickt düster in die Zukunft: Eine Rezession wird die Jobsuche deutlich erschweren.
Steffen Bortz erzählt: „Seit dem Auftreten der ersten Corona-Fälle in Heinsberg sind die Jobbörsen in meinem Bereich fast leer, vor allem im Raum Düsseldorf. Ich habe vor ca. zweieinhalb Wochen noch ein paar Bewerbungen rausgeschickt, aber bislang keine Antwort bekommen.“ Und er macht sich nun Sorgen, wie es für ihn konkret weitergeht: Findet er bis Oktober keine Anstellung, droht Hartz IV. Doch jetzt bei den Firmen nachfragen, wie es um seine Bewerbung steht – ist das überhaupt okay?
Tipps von unserem HR-Fachmann
Tobias Hahn, Teamleader Human Ressources bei stellenanzeigen.de, sieht aktuell natürlich auch seine ganze Branche in Unruhe. Viele Personaler seien momentan unter anderem damit beschäftigt, Mitarbeiter-Einsätze zu planen sowie Mitarbeiter-Umzüge ins Homeoffice zu koordinieren bzw. zu begleiten, und natürlich sind nun erst einmal viele Prozesse auf den Kopf gestellt. Manche sehen sich krisenbedingt mit Einstellungsstopps konfrontiert.
Er rät jedoch: „Selbstverständlich ist das Nachfragen nach dem aktuellen Stand einer Bewerbung erlaubt, schließlich geht es um die persönliche Zukunft des Bewerbers. Die momentane Ausnahmesituation erfordert vielerorts jedoch etwas mehr Geduld. Höfliche und direkte Nachfragen, gepaart mit Verständnis für die Situation, werden in den meisten Fällen auch zu einer zeitnahen Antwort führen.“
Das heißt aktuell:
- Per E-Mail nachhaken und/oder eine Nachricht auf der Mailbox samt Anliegen und der Bitte um Rückruf hinterlassen, falls es mit dem Ansprechpartner am Telefon nicht klappt. Gewohnte Prozesse sind momentan durcheinandergeraten, es muss improvisiert werden und viele sind im Homeoffice. E-Mails lassen sich auch noch nach dem Tagesgeschäft oder am nächsten Morgen beantworten.
- Eine ebenso höfliche wie direkte Nachfrage lässt deine Verbindlichkeit und dein bestehendes Interesse an der Stelle durchblicken.
- Mit Verständnis für die aktuelle Situation erhöht ein direkter Satz wie „Bis wann kann ich voraussichtlich mit einer Antwort ihrerseits rechnen?“ deine Chancen, einen konkreten Termin genannt zu bekommen.
„Bei stellenanzeigen.de versuchen wir auch während der Corona-Krise das Service-Level unseren Bewerbern und Bewerbungsinteressenten gegenüber auf hohem Niveau zu halten. Durch möglichst kurze Reaktionszeiten kommen wir einer Nachfrage im Normalfall zuvor, was uns aktuell nicht immer, jedoch nach wie vor in den meisten Fällen gelingt“, erläutert Tobias Hahn.
Aufgrund der aktuellen Situation finden zum momentanen Zeitpunkt selbstverständlich keine persönlichen Vorstellungsgespräche statt. Doch das ist heutzutage ja kein Problem mehr: „Wir führen jetzt Kennenlerngespräche und Interviews ausschließlich per Skype oder Telefon durch, um uns einen ersten Eindruck von den Bewerbern zu machen“, erklärt Tobias Hahn. Diese Möglichkeit ist ja immer gegeben.
Keine Hilfen geplant
Steffen Bortz fühlt sich momentan ziemlich allein gelassen. „Bei der Arbeitsagentur ist nur noch die Hotline erreichbar, die einem aber auch nicht weiterhilft“, berichtet er. Er rechnet vorsichtig mit mindestens zwei bis drei Monaten Verzögerung bei der Jobsuche, jetzt allein durch die Corona-Krise bedingt. Und deshalb würde er sich zum Beispiel wünschen, dass auch Maßnahmen für aktuell Arbeitslose ergriffen werden. Zum Beispiel, indem es eine Verlängerung des Zeitraums gäbe, in dem Arbeitslosengeld gezahlt wird. Die Auskunft, die er diesbezüglich von der Arbeitsagentur-Hotline erhielt, war allerdings eher ernüchternd: Es gäbe keine Hilfe und von der Regierung sei auch diesbezüglich nichts geplant.
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Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die männliche Form (generisches Maskulinum), z. B. „der Mitarbeiter“. Wir meinen immer alle Geschlechter im Sinne der Gleichbehandlung. Die verkürzte Sprachform hat redaktionelle Gründe und ist wertfrei.
Veronika ist Redakteurin und Content-Managerin. Sie hat Kommunikationswissenschaften, Arbeits- und Organisationspsychologie sowie Französische Sprachwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität in München studiert und ist bereits über 15 Jahre journalistisch in Print und online unterwegs. Für careeasy – Dein Karriere-Magazin von stellenanzeigen.de recherchiert und schreibt Veronika zu Themen rund um Studium & Ausbildung, Karriere, Gesundheit im Job und Arbeitsrecht.