„Könntest du das hier vielleicht noch schnell erledigen?“ Wer in der Arbeit mit dieser Frage zu dir kommt, weiß ganz genau, dass er kein „Nein“ als Antwort bekommen wird. Ob du gerade Zeit und Lust dafür hast, spielt dabei keine Rolle. Du lächelst nur lieb, nickst verständnisvoll, und dein freundlicher Gesichtsausdruck friert solange auf deinem Gesicht ein, bis dein Kollege wieder verschwunden ist. Na super, noch mehr Arbeit! Dabei weißt du doch sowieso schon nicht, wie du deine heutige To-Do-Liste bewältigen sollst. 

Irgendwie ist dir klar, dass du öfter auch mal Nein sagen solltest, doch du schaffst es einfach nicht. Was genau dich davon abhält, ist dir selber nicht wirklich bewusst. In diesem Artikel lernst du, was dahinter steckt, wie du Grenzen im Beruf setzt und dadurch kein schlechtes Gewissen mehr haben musst, wenn du auch mal Nein sagst.


Bist du ein Ja-Sager?

In manchen Lebensbereichen ist es durchaus empfehlenswert, öfter einmal „Ja“ zu sagen. Doch wenn dein „Ja“ nur dazu dient, einer Konfrontation im beruflichen Alltag aus dem Weg zu gehen, schadet es dir auf Dauer. Dennoch will es dir einfach nicht gelingen, den anderen deine wahre Meinung mitzuteilen. Was steckt dahinter?

Dafür kann es verschiedene Gründe geben.

  • Geringes Selbstwertgefühl: Du hast ein geringes Selbstwertgefühl und denkst deshalb, dass du diese Dinge tun müsstest, wenn sie jemand anderes von dir verlangt. Deine eigenen Interessen stellst du hinten an und priorisierst stattdessen immer die Wünsche der anderen. 
  • Wunsch nach Beliebtheit: Vielleicht möchtest du unbedingt beliebt sein und versuchst dies mit allen Mitteln. Du denkst, dass andere Menschen dich lieber mögen, wenn du ihnen keinen Wunsch abschlägst. Du bist so hilfsbereit wie möglich, auch wenn dir das selber gar nicht gut tut.
  • Angst vor Ablehnung: Du hast Angst, dass dich deine Kollegen weniger schätzen, wenn du nicht alles machst, was sie von dir verlangen. Von anderen abgelehnt zu werden ist dein schlimmster Albtraum, und deshalb tust du alles dafür, dass das nicht passiert.
  • Angst vor negativen Konsequenzen: Du befürchtest, dass es negative Konsequenzen für deine Karriere haben könnte, wenn du Aufgaben oder Angebote ablehnst. Nur wer hart arbeitet, einen guten Willen zeigt und alles tut, was von ihm verlangt wird, der wird sich auch hocharbeiten. Wer zu oft „Nein“ sagt wird mit Sicherheit nicht lange in einer Firma bleiben.
  • Schlechtes Gewissen: Du hast eine soziale Ader und kommst überhaupt nicht damit klar, jemanden enttäuschen zu müssen. Deshalb hilfst du, wo du nur kannst, da du sonst nächtelang von einem schlechten Gewissen geplagt wirst.
  • Angst davor, etwas zu verpassen: Du bist ein Opfer der „Fear Of Missing Out“, kurz FOMO, und kannst den Gedanken nicht ertragen, etwas wichtiges zu verpassen. Deshalb nimmst du jede Einladung auf ein Feierabendbier an, bist bei jedem Meeting anwesend und kannst auch sonst nichts ablehnen, weil du überall dabei sein musst. 

Warum Neinsagen wichtig ist

Alle genannten Gründe sind durchaus nachvollziehbar. Dennoch ist es wichtig, auf dein Gefühl zu hören und auch einmal Nein zu sagen, wenn dir danach ist. Tust du dies nicht, ist es nur eine Frage der Zeit, bis du die negativen Konsequenzen spüren wirst. 

  • Wenn du immer zu allem Ja und Amen sagst, kann es passieren, dass du sehr bald nicht mehr ernst genommen wirst. Denn wer zählt schon auf deine Meinung, wenn er die Antwort sowieso schon kennt?
  • Die anderen Kollegen merken schnell, dass sie die Drecksarbeit auf dich abwälzen können. Dies kann dazu führen, dass du in deinem Job bald nur noch Tätigkeiten ausführst, die dir überhaupt nicht gefallen, und deine eigenen Aufgaben dabei auf der Strecke bleiben. 
  • Da andere Menschen mit dir leichtes Spiel haben, wirst du schnell ausgenutzt. Dies spiegelt sich nicht nur in deinem Berufsleben wider, sondern auch in deinem Privatleben.
  • Wenn du zusätzliche Aufgaben nicht ablehnen kannst, wirst du in deinem Job ganz sicher sehr schnell überlastet sein. Zu viele Aufgaben machen Stress, vor allem, wenn jemand damit kurz vor Feierabend kommt, die Aufgabe aber ganz dringend bis morgen erledigt werden muss. Auf Dauer kann dieser Druck zu einem gefährlichen Burnout führen.
  • Außerdem wird es für dich in deinem Job immer schwieriger, dich durchzusetzen. Dies liegt vor allem auch daran, dass andere durch deine selbst auferlegte Opferrolle den Respekt vor dir verlieren. 
  • Deine Work-Life-Balance wird bald aus dem Gleichgewicht geraten, wenn du nicht anfängst, auf deine eigenen Bedürfnisse zu hören und klare Grenzen zu ziehen.

    Ja oder nein
    Bildquelle: www.istockphoto.com / gopixa

Unsere Tipps: So lernst du, Nein zu sagen

Jetzt weißt du, warum es so wichtig ist, zu deiner wahren Meinung zu stehen. Damit du das nun auch umsetzen kannst, haben wir 7 Tipps für dich, mit denen es dir in Zukunft leichter fallen wird, Aufgaben abzulehnen.

Tipp #1: Nicht sofort antworten

Wenn dich das nächste Mal dein Kollege schon wieder um einen Gefallen bittet, spiel nicht sofort deine automatisierte Antwort ab. Bitte ihn stattdessen um ein wenig Bedenkzeit, und sage, dass du dir das erst einmal überlegen möchtest. Vermutlich wird das alleine deinen Kollegen schon komplett aus der Bahn werfen. Nutze die Zeit nun, um dir klar darüber zu werden, ob du das wirklich machen möchtest. Geh in dich und finde heraus, was deine echte Antwort ist. Sobald du sie gefunden hast, kannst du deinem Kollegen Bescheid geben.


Tipp #2: Gute Begründungen geben 

Dir ist klar, dass du etwas nicht machen möchtest, aber du weißt einfach nicht, wie du es sagen sollst? Versuche deine Beweggründe möglichst klar auf den Punkt zu bringen und deine Entscheidung verständlich zu begründen. Das hilft deinem Kollegen dabei, dich zu verstehen, und verhindert eine unangenehme Diskussion.


Tipp #3: Nicht alles begründen

Es gibt aber auch Situationen, in denen es besser ist, deine Entscheidung nicht zu begründen. Und zwar deshalb, weil du es überhaupt nicht musst. Verlangt jemand etwas von dir, das absolut nicht zu deinen Aufgaben gehört, dann kannst du auch einfach Nein sagen, ohne dich dafür tausend Mal entschuldigen zu müssen. So zeigst du anderen und auch dir selber, dass du nicht alles mit dir machen lässt.


Tipp #4: Neinsagen üben

Wenn es dir in deinem Job besonders schwerfällt, Nein zu sagen, dann übe es einfach in anderen Situationen. Beispielsweise zuhause, bei deinen Freunden oder in einem Restaurant. Versuche auch in deinem Privatleben auf deine Gefühle zu achten und überlege dir genau, wie deine Antwort ausfallen soll.

Einfach Nein sagen
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Tipp #5: Kompromisse finden

Manchmal ist es schwierig, eine Aufgabe komplett abzulehnen. Stattdessen kannst du dich darum bemühen, einen Kompromiss zu finden. Bittet dich beispielsweise jemand kurz vor Feierabend um etwas, kannst du ihm vorschlagen, es morgen zu erledigen. Manchmal lassen sich auch Alternativen finden, mit denen beide Parteien zufrieden sind.


Tipp #6: Freundlich bleiben

Auch wenn es dich mittlerweile nervt, dass dich andere ständig ausnutzen wollen, solltest du deiner Wut nicht einfach freien Lauf lassen. Es ist wichtig, sachlich und höflich zu bleiben, denn dasselbe erwartest du ja auch von deinen Mitmenschen. Auch ein „Nein“ kann freundlich sein und wird so auch viel besser aufgenommen.


Tipp #7: Deine Grenzen kennen 

Wenn du langfristig an deinem Selbstwert arbeiten möchtest, ist es wichtig, deine eigenen Grenzen zu kennen. Nur wenn du ganz genau weißt, wie weit du gehen willst und was für dich ein absolutes No-Go ist, kannst du dies auch nach außen so kommunizieren. Kennst du deine Grenzen, werden auch andere bald wissen, wo Schluss ist.


Tipp #8:  Ehrlich bleiben

Manchmal ist es einfacher, eine Ausrede zu finden, als einfach „Nein“ zu sagen. Ratsam ist das allerdings nicht. Kommt jemand deiner Lüge auf die Schliche, ist schlechte Stimmung vorprogrammiert. Bleibe deshalb ehrlich und stehe zu deiner Meinung. Du wirst bald merken, dass Aufrichtigkeit oft auch mit Verständnis belohnt wird. 

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