Arbeiten im Großraumbüro: So klappt’s im Open Space
Arbeiten im Großraumbüro ist für viele eine Herausforderung, aber eben Realität. Wie umgehen mit störenden Geräuschen, Unruhe, Ablenkungen und der fehlenden Privatsphäre? Es gibt Tipps und Tricks, mit denen die Arbeit im Großraumbüro besser klappt.
Inhaltsverzeichnis
Großraumbüros haben einen extrem schlechten Ruf hierzulande. Könnte man als Arbeitnehmer frei wählen, würde sich wohl kaum jemand freiwillig für einen Arbeitsplatz in diesem Bürokonzept entscheiden. Und doch ist es in vielen Firmen Standard, speziell bei bestimmten Abteilungen wie beispielsweise Call Centern oder aber auch in kreativen Start-ups, wo viel ständiger Austausch gepflegt wird. Dabei macht es natürlich einen Unterschied, ob du mit 50 Leuten in einem Raum sitzt und jeder mehr oder weniger isoliert vor sich hin telefoniert bzw. arbeitet, oder ob du mit 25 engen Teamkollegen gemeinsam an eurem neuen Produktkonzept feilst und ihr euch ständig informiert, austauscht und konstruktiv zusammenarbeitet.
Was gemeinhin als „Großraumbüro“ bezeichnet wird, kann also sehr unterschiedlich aussehen.
Übrigens: Auch viele moderne Coworking Spaces sind eigentlich geschickt unterteilte Großraumbüros.
Wann spricht man von einem Großraumbüro?
Die Arbeitsstättenregelung unterscheidet zwischen Zellenbüros (ein bis sechs Arbeitsplätze in einem separaten Raum), Gruppenbüros (bis zu 25 Büroarbeitsplätze), Großraumbüros und Kombivarianten.
Großraumbüros sind demnach folgendermaßen definiert:
Großraumbüros sind organisatorische und räumliche Zusammenfassungen von Büro- oder Bildschirmarbeitsplätzen auf einer 400 m² oder mehr umfassenden Grundfläche, die mit Stellwänden gegliedert sein können.
Aus der Verordnung ergibt sich ein durchschnittlicher Flächenbedarf von ca. 16 m² pro Arbeitsplatz. Gemeinschaftliche Funktionsflächen für gemeinsam genutzte Geräte wie Kopierer oder Drucker sowie eine Teeküche o. ä. sind dabei bereits eingerechnet. Demnach fallen offiziell Büros ab ca. 26 Mitarbeitern unter diese Kategorie.
Landläufig spricht man aber auch oftmals bereits von Großraumbüros, wenn sich 15 Arbeitnehmer eine große Bürofläche teilen.
Egal ob 15, 25 oder 50 Mitarbeiter in einem Raum: Die Herausforderungen sind fast die gleichen. Doch mit ein paar Tipps und Tricks kannst du den Nachteilen des Großraumbüros geschickt begegnen.
Die größten Nachteile im Großraumbüro
Und ständig dieser Lärm
Ein großer Raum, in dem sich viele Arbeitsplätze befinden, an denen Mitarbeiter tippen, telefonieren, sprechen, Meetings abhalten – klar, das kann laut werden. Ein hoher Lärmpegel ist deshalb in der Regel eines der größten Probleme in diesem Arbeitsumfeld. Um konzentriertes Arbeiten zu ermöglichen, gelten folgende Grundregeln:
- Smartphones sollten komplett lautlos gestellt werden – egal, ob es sich um Anrufe oder eintrudelnde Mitteilungen handelt.
- Privatgespräche, telefonisch oder live mit Kollegen, sind in solch einem Büroraum tatsächlich tabu. Dafür solltest du besser Pausenräume oder die Kaffeeküche nutzen. Musst du kurz privat kommunizieren, dann verlasse dafür immer den Raum. Du störst sonst die anderen Kollegen.
- Diskretes, ruhiges Verhalten ist generell angesagt. Lasse Äußerungen von Mitarbeitern lieber unkommentiert, und vermeide auch spontane Ausrufe oder lautes Gelächter.
- Musik im Großraumbüro? Kann funktionieren, aber dann nur über absolut schalldichte Kopfhörer. Frage deinen Kollegen lieber einmal kurz nach einem akustischen Test. Nicht immer sind Kopfhörer nach außen komplett leise, auch wenn du es selbst als Musikhörender gar nicht bemerkst. Andere Mitarbeiter möchten aber sicher nicht deine Bässe mithören.
- Das Unternehmen sollte unbedingt auf Hardware achten, die leise im Betrieb ist. Das betrifft Drucker, Kopierer und auch PCs bzw. Laptops. Bei Letzteren sind vor allem laute Tastaturen und Lüfter unangenehm.
Die negativen Auswirkungen eines dauerhaft zu hohen Lärmpegels im selben Raum sind mittlerweile belegt. Die akustische Dauerbelastung führt zu vermehrtem Stressempfinden, schmälert die Arbeitsleistung und kann tatsächlich krank machen. Ein modernes Open Space sollte dem Rechnung tragen und geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen. Beispielsweise kann eine Gestaltung mit dämpfenden Materialien wie textilen Fußbodenbelägen, Wandteppichen oder speziellen Akustikdecken die Schallübertragung deutlich verringern.
Artikel-Tipp: Stressmanagement im Job – Breathwork
Störfaktor Essen am Arbeitsplatz
Oftmals ist es in Open-Space-Büros sogar verboten, am Arbeitsplatz bzw. Schreibtisch zu essen. Denn die dabei entstehenden Geräusche und Gerüche stellen doch einen erheblichen Störfaktor für Kollegen dar. In der Regel ist es gestattet, am Schreibtisch zu trinken oder vielleicht kleine Zwischensnacks zu sich zu nehmen. Aber Achtung: Schon die Knackgeräusche beim Apfelessen sind manchmal ganz schön nervtötend für den Rest der Belegschaft! Hinzu kommt, dass es die restlichen Mitarbeiter ablenken und zum Essen animieren kann, wenn ständig irgendjemand Nahrung zu sich nimmt.
Klare Regeln sind hier auf jeden Fall nötig und von Vorteil: Gegessen wird im Pausenraum, allenfalls Getränke sind am Platz erlaubt.
Visuelle Reizüberflutung
Generell sind Mitarbeiter in großen Büros auch von visuellen Reizen be- und teilweise auch überlastet. Zu viel optische Ablenkung erschwert ganz einfach die Konzentration. Je größer der Raum, desto mehr von allem: mehr Menschen, mehr Tische, mehr Stühle, mehr Monitore, mehr Zimmerpflanzen usw. Alles potenzielle Ablenkungsquellen.
Und selbstverständlich steigt auch die Bewegungshäufigkeit im Raum mit der Anzahl der dort arbeitenden Kollegen. Jeder muss mal, durchquert den Raum, holt sich einen Kaffee oder streckt sich kurz am Platz. Es passiert optisch jede Menge um einen herum.
Hier helfen Trennwände enorm. Mit deren Hilfe können kleinere oder größere Arbeitsbereiche im großen Raum abgeteilt werden, sodass sich auch bewusst Sichtachsen verkürzen. Das hilft, um fokussiert zu bleiben.
Ein anderes optisches Problem kann die Lichtzufuhr sein. Aufgrund der großen zusammenhängenden Flächen sind in der Regel nicht alle Arbeitsplätze optimal mit Tageslicht versorgt. In diesem Fall ist unbedingt auf eine ausreichende und angenehme künstliche Lichtquelle für die Arbeitenden zu sorgen, auch in der Mitte des Raums.
Virenschleuder Open Space?
Spätestens seit der Corona-Pandemie wissen wir: Wo viele Menschen auf engem Raum sind, da lauern auch viele Möglichkeiten für Krankheitsübertragungen. Man muss kein Hypochonder sein, wenn man im Winter ein etwas mulmiges Gefühl bekommt, setzt man sich morgens an seinen Schreibtisch im Open Space zwischen 30 anderen Kollegen. Links schnieft es, rechts hustet jemand, und die Kollegin gegenüber trägt eh schon einen dicken Schal. Es lässt sich nicht von der Hand weisen: Die Gefahr, sich in solch einem Arbeitsumfeld mit Viren oder Bakterien anzustecken, ist größer, als wenn man in einem kleinen Büro mit zwei Kollegen sitzt. So gibt es tatsächlich mehrere Untersuchungen, die zum Schluss kommen, dass Mitarbeiter in Großraumbüros häufiger krank sind als Kollegen aus klassischen Büros.
Was hilft? Die klassischen Hygieneregeln kommen zum Einsatz: gründlich und häufig Händewaschen, nicht mit den Händen ins Gesicht fassen, in die Armbeuge niesen oder husten und bei Krankheitsanzeichen zuverlässig zuhause bleiben. Sonst legst du schnell die komplette Abteilung lahm.
Mangelnde Privatsphäre
Wer in einem Unternehmen mit Open Space arbeitet, den beschleicht vielleicht ab und an das Gefühl „big brother’s watching you“. Natürlich kann ein Chef oder Vorgesetzter in einem großen Raum sehr gut alle Mitarbeiter im Blick haben. Was für ihn ein Vorteil ist, empfindet der einzelne Mitarbeiter jedoch als Nachteil: Zu spüren, dass man ständig unter Beobachtung steht und immer kontrolliert wird, kann extrem unangenehm sein, den Stresspegel erhöhen und sich auch negativ auf die Arbeitsleistung niederschlagen.
Die mangelnde Privatsphäre im Open Space bringt aber auch ein ganz konkretes Problem mit sich: das des nicht ausreichend zu realisierenden Datenschutzes. So sollten gewisse Aufgabenbereiche bzw. Arbeitsvorgänge nicht auf von allen einsehbaren Arbeitsplätzen in einem Großraumbüro stattfinden. Dazu zählen unter anderem Tätigkeiten der Personalabteilung, bei denen Dokumente und personenbezogene Informationen zum Einsatz kommen, die nicht jeder sehen darf.
Hat ein Großraumbüro auch Vorteile?
Ein offener, großer Raum als Arbeitsfläche für viele kann aber durchaus auch Vorteile haben. Gerade Start-ups oder Unternehmen mit New-Work-Vision entscheiden sich deshalb für diese Gestaltung der Arbeitsplätze.
Diese Gründe sprechen dafür:
- Stärkeres Wir-Gefühl: Tatsächlich kann gemeinsames Arbeiten auf einer Fläche das Gemeinschaftsgefühl stärken. Teams wachsen schneller zusammen, entwickeln ein „Wir-Gefühl“ und die Mitglieder stehen sich durch die tägliche Präsenz näher.
- Verbesserte Zusammenarbeit: Ohne trennende Wände ist Kommunikation direkt möglich. Gerade Unternehmen, in denen viele Mitarbeiter an einer großen Idee basteln, profitieren von solch einer Arbeitsatmosphäre. Sie kann direkten Austausch sehr unkompliziert möglich machen und Missverständnissen vorbeugen. Kurze Kommunikationswege machen es möglich.
- Höhere Identifikation mit dem Arbeitgeber: Nicht nur der Teamgedanke kann von der räumlichen Situation positiv beeinflusst werden, auch die Verbundenheit mit dem Unternehmen. In Corona-Zeiten haben viele Erfahrungen mit Homeoffice gemacht und dabei bemerkt, dass das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Firma mit mangelnder Präsenz rapide schwinden kann. Ist jedoch das gesamte Team täglich gemeinsam vor Ort, kann das extrem motivieren – eine angenehme Arbeitsatmosphäre natürlich vorausgesetzt.
- Effizientere Einarbeitung von Kollegen: Neue Mitarbeiter können in Open Spaces schneller besser eingearbeitet werden. Sie bekommen sofort einen Überblick über das Team sowie über die einzelnen Arbeitsvorgänge und Themenbereiche. Das kann das Onboarding vom ersten Arbeitstag an sehr erleichtern.
Damit all diese Vorteile zum Tragen kommen können, muss bei der Planung und Gestaltung von modernen Großraumbüros jedoch mit Bedacht vorgegangen werden. Mit gestalterischen Elementen, einer intelligenten Raumeinteilung und einer Berücksichtigung ergonomischer Aspekte können durchaus viele der Nachteile offener Großflächen so abgemindert werden, dass die Vorteile mehr an Gewicht gewinnen – und vielleicht sogar überwiegen.
Fazit
Völlig flexibles Arbeiten im Homeoffice oder Nine-to-Five im Open Space: Jede Arbeitsform hat ihre Vor- und Nachteile. Eventuell ist auch gerade eine Kombination dieser Arbeitsvarianten am effektivsten: Wer fokussiert arbeiten muss, zieht sich ins Homeoffice zurück, für Austausch, Teamwork und kreative Tätigkeiten kommt man ins Büro. Und dann darf es auch gerne ein Großraumbüro sein, wenn es denn entsprechend mitarbeiterfreundlich gestaltet ist.
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Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die männliche Form (generisches Maskulinum), z. B. „der Mitarbeiter“. Wir meinen immer alle Geschlechter im Sinne der Gleichbehandlung. Die verkürzte Sprachform hat redaktionelle Gründe und ist wertfrei.
Veronika ist Redakteurin und Content-Managerin. Sie hat Kommunikationswissenschaften, Arbeits- und Organisationspsychologie sowie Französische Sprachwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität in München studiert und ist bereits über 15 Jahre journalistisch in Print und online unterwegs. Für careeasy – Dein Karriere-Magazin von stellenanzeigen.de recherchiert und schreibt Veronika zu Themen rund um Studium & Ausbildung, Karriere, Gesundheit im Job und Arbeitsrecht.