Mehr Freiheit durch Lebensarbeitszeitkonto? Das solltest du wissen
Einfach mal gleich für ein paar Monate am Stück Urlaub machen oder früher in Rente gehen? Das geht! Und zwar mit dem sogenannten Lebensarbeitszeitkonto. Mit diesem lassen sich nämlich Arbeitszeiten ansparen und für längere bezahlte Freistellungen verwenden, ohne dass das Beschäftigungsverhältnis dadurch unterbrochen wird. Wie genau das funktioniert und welche Vor- und Nachteile das Ganze hat, erfährst du in diesem Artikel.
Inhaltsverzeichnis
Wie funktioniert ein Lebensarbeitszeitkonto?
Auf einem Lebensarbeitszeitkonto wird von Mitarbeitern Arbeitsentgelt oder Arbeitszeit angespart, was später eine Freistellung finanzieren soll. Im Grunde ist es eine besondere Form des Arbeitszeitkontos, welches in den meisten Unternehmen bereits gang und gäbe ist und dazu dient, die Überstunden der Mitarbeiter zu sammeln und mit freier Zeit auszugleichen. Die gesammelten Arbeitsstunden müssen dann in der Regel innerhalb eines Jahres abgebaut werden.
Arbeitszeit über einen deutlich längeren Zeitraum zu sparen wurde erst durch das „Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen“ – dem sogenannten Flexi-II-Gesetz – ermöglicht, welches zuletzt 2009 geändert wurde. Dadurch wurde eine Grundlage geschaffen, bezahlte Arbeitsfreistellung auch nach mehreren Jahren noch in Anspruch zu nehmen.
Ein Lebensarbeitszeitkonto bietet Angestellten demnach die Chance, Zeit oder Geld für eine längere Freistellung anzusparen, während welcher das Beschäftigungsverhältnis dennoch weiterläuft. Gespart werden können beispielsweise Weihnachts- und Urlaubsgeld, Überstunden oder Vergütung der Überstunden, Tantiemen, Zuschüsse oder nicht genommener Urlaub. Dies kann später für folgende und weitere Vorhaben genutzt werden:
- Sabbatical
- Elternzeit
- Pflegezeit
- Urlaub
- Frührente
Rechtliche Grundlagen
Lebensarbeitszeitkonten werden meist nur von ein paar Großunternehmen für ihre Mitarbeiter angeboten, da die Sache recht komplex und daher streng gesetzlich geregelt ist. Rechtsgrundlage hierfür sind die §§ 7b – 7f sowie der § 23b des SGB IV. Zudem müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine schriftliche Vereinbarung treffen und die Rahmenbedingungen festhalten. Die Vertragsgrundlage kann dabei eine freiwillige Zusage des Arbeitgebers oder auch eine Betriebsvereinbarung sein.
Das gesparte Geld wird verzinst, die Zeit allerdings wird ohne Zinsen angespart und muss seit 2009 in Geld ausgewiesen werden. Die Beiträge werden steuer- und sozialabgabenfrei eingebracht, erst bei der Auszahlung des Wertguthabens werden diese Zahlungen fällig.
Für wen ist ein Lebensarbeitszeitkonto geeignet?
Grundsätzlich dürfen alle Arbeitnehmer, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, ein Arbeitszeitkonto bzw. Zeitwertkonto nutzen, sofern dies vom Unternehmen angeboten wird. Dabei ist es egal, ob sie in Voll- oder Teilzeit arbeiten oder Minijobber sind. Für Führungskräfte sind Lebensarbeitskonten jedoch eher nicht zu empfehlen, da diese als verdeckte Gewinnausstattung gewertet werden können.
Geschäftsführer in herrschender Gesellschafterstellung wurden früher von einer Teilnahme gänzlich ausgeschlossen, dürfen aber seit einem Urteil des Bundesfinanzhofs von 2018 mittlerweile ebenfalls ein Lebensarbeitskonto nutzen. Angeboten wird dieses derzeit aber leider nur von etwa fünf Prozent der Unternehmen.
Was passiert während der Freistellung?
Während seiner Auszeit bezieht der Mitarbeiter weiterhin Entgelt, und zwar aus dem angesparten Wertguthaben des Zeitwertkontos. Das Entgelt darf dabei 70 bis maximal 130 Prozent dessen betragen, was er oder sie im letzten Jahr bezogen hat. Für Vollzeitkräfte sollte es bei mindestens 450 Euro im Monat liegen.
Die mögliche Freistellungsdauer lässt sich demnach über die Festlegung der Höhe des Entgelts bestimmen. Da das Arbeitsverhältnis während der Freistellung fortbesteht, bleiben auch die sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche des Arbeitnehmers bestehen.
Ist das Wertguthaben abgesichert?
Mit der Flexi-II-Novelle regelt der Gesetzgeber, dass das Wertguthabenkonto gegen Insolvenzrisiken vom Arbeitgeber abgesichert sein muss. Dies ist beispielsweise durch eine Einzahlung in Wertpapierfonds möglich oder auch über eine Versicherung gegen Insolvenz oder eine Bankbürgschaft.
Im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung oder Berufsunfähigkeit kann das Guthaben mit sofortiger Wirkung ausgezahlt werden. Dies ist auch durch eine einvernehmliche Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer möglich.
Vorteile und Nachteile eines Lebensarbeitszeitkontos
Der wohl größte Vorteil für Arbeitnehmer ist, dass ihnen das Wertguthaben eine höhere Rendite als private Vorsorgemodelle bietet. Im Falle eines früheren Renteneintritts werden Abschläge bei der Rente vermieden. Zu beachten ist jedoch, dass das Ganze keine einfache Angelegenheit ist, sondern eine Menge Arbeit und eine gut durchdachte Planung erfordert. Eine kleine oder auch längere Auszeit kann vor einem Burnout schützen und zur generellen Zufriedenheit beitragen. Das Geld kann auch im Ausland ausgezahlt werden, muss aber nach deutschem Recht versteuert werden. Dennoch ist so durchaus auch ein längerer Auslandsaufenthalt möglich.
Ein Nachteil ist jedoch, dass die Übernahme des Kontos bei einem Wechsel zu einem neuen Arbeitgeber nicht garantiert ist. Diese muss nämlich erst beantragt werden, allerdings hat der neue Arbeitgeber nicht die Pflicht, das Konto zu übernehmen. Das impliziert natürlich eine gewisse Abhängigkeit vom aktuellen Arbeitgeber. Außerdem geschieht das Ganze nicht ohne erheblichen Aufwand. Um möglichst viel anzusparen muss auf viel Lohn verzichtet oder aber es müssen einige Überstunden geleistet werden. Zudem entsteht ein hoher administrativer Aufwand sowohl für Arbeitnehmer als auch -geber. Aus diesem Grund wird das Lebensarbeitszeitkonto meist nur von größeren Unternehmen angeboten.
Fazit
Während Zeitkonten in den meisten Unternehmen selbstverständlich sind, werden Langzeitkonten, mit denen Mitarbeiter ihr gesamtes Berufsleben Stunden ansammeln können, derzeit nur von wenigen Unternehmen angeboten. Das ist schade, denn Zeitwertkonten sind eine tolle Möglichkeit der betrieblichen Vorsorge und deshalb gerade für jüngere Generationen interessant. Trotz einiger Nachteile ist das Lebensarbeitszeitkonto sicher für einige Arbeitnehmer äußerst attraktiv. Leider wird das Thema derzeit noch zu wenig berücksichtigt.
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Marina ist Redakteurin, Content-Managerin & Autorin. Sie hat Romanische Sprachen, Literatur & Linguistik an der Ludwig-Maximilians-Universität München studiert. Schreiben ist für sie nicht nur ein Beruf, es ist auch ihre große Leidenschaft. Für careeasy – Dein Karrieremagazin von stellenanzeigen.de schreibt Marina freiberuflich über Themen rund um Bewerbung, Karriere und Persönlichkeitsentwicklung.