Klar, bei der Verhandlung eines Gehalts sind die Grenzen nach oben offen. Doch es ist auch gut zu wissen, dass es eine Grenze nach unten gibt, die dich und andere Arbeitnehmer vor Ausbeutung schützt. Diese Untergrenze setzt der gesetzliche Mindestlohn. Du findest diesen Begriff oft auch in Stellenanzeigen. Was du für deine Jobsuche darüber wissen solltest.

Warum gibt es einen Mindestlohn?

Der Mindestlohn legt für Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Deutschland „ganz amtlich“ eine gesetzliche Lohnuntergrenze fest. Das gibt dir Sicherheit für Vertragsverhandlungen, denn ein Unternehmen kann im Arbeitsvertrag keinen Lohn festlegen, der unterhalb dieses Mindestlohns liegt, selbst wenn es gute Gründe dafür anführt oder Druck auf dich ausüben will, weil es letztlich die Oberhand bei der Stellenbesetzung hat. Auch Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände mit einer tarifvertraglichen Regelung können die Regelung nicht außer Kraft setzen. Damit soll grundsätzlich sichergestellt sein, dass auch Beschäftigte im Niedriglohnsegment stets fair bezahlt werden und ihren Lebensunterhalt bestreiten können.

Stell dir vor, du arbeitest Vollzeit an fünf Tagen in der Woche und verdienst dennoch zu wenig, um deine Miete zu bezahlen und Lebensmittel einzukaufen. Dann müsste der Staat dich zusätzlich unterstützen – das kann jedoch nicht Ziel einer Vollbeschäftigung sein. Besonders auch Frauen und Beschäftigte in den ostdeutschen Bundesländern sollen mit dieser Lohnuntergrenze besser geschützt werden, da sie im Vergleich oftmals häufiger in Branchen bzw. Regionen mit niedrigeren Löhnen beschäftigt sind.

Geregelt wird der Mindestlohn im Mindestlohngesetz (MiLoG), das mit dem Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie vom 11. August 2014 in Kraft trat und seit Januar 2015 Anwendung findet. Zuletzt wurde er im Juli und im Oktober 2022 angepasst. Eine von der Bundesregierung eingerichtete ständige und unabhängige Mindestlohnkommission befindet über die Anpassung der Mindestlohnhöhe. Diese Kommission wird alle fünf Jahre neu berufen und besteht aus einer oder einem Vorsitzenden, sechs stimmberechtigten ständigen Mitgliedern und zwei Mitgliedern aus Kreisen der Wissenschaft ohne Stimmrecht, die als beratende Mitglieder für die Kommission tätig sind. Die von der Kommission empfohlene Erhöhung des Mindestlohns wird dann per Gesetzeserlass an die aktuelle Entwicklung der Lebenshaltungskosten in Deutschland angepasst.

Symbolbild Mindestlohn mit Geldscheinen
Bildquelle: www.istockphoto.com / filmfoto

Der aktuelle Mindestlohn

Die aktuelle Höhe des gesetzlichen Mindestlohnes liegt seit Oktober 2022 bei 12 Euro je Stunde („Zeitstunde“). Beschäftigte im Mindestlohnbereich haben damit im Schnitt 100 Euro mehr, Minijobber 50 Euro mehr jeden Monat in ihrem Budget als zuvor. Der Anspruch darauf tritt neben arbeits- bzw. tarifvertragliche Lohnansprüche. Zahlt dein Arbeitgeber dir beispielsweise 15 Euro Stundenlohn gemäß Tarif, hat er die Mindestlohnforderung von 12 Euro bereits miterfüllt.

Wichtige Entscheidungshilfe

Der Mindestlohn kann für dich vielleicht auch ein wichtiger Faktor sein, um fair bezahlte Arbeitsplätze zu identifizieren und für eine gerechtere Entlohnung einzutreten. Du hast damit auch Orientierung beim Vergleich des Lohnniveaus in unterschiedlichen Branchen und Jobs, die dich interessieren.

Was bedeutet dies für die Jobperspektive in deiner Traumbranche? Ist ein Unternehmen seriös oder versucht es, dich beim Gehalt zu drücken? Wertet es deine Qualifikation eher auf Mindestlohnniveau oder deutlich darüber? Dieses Wissen ermöglicht dir eine aktivere Rolle und informierte Entscheidungen bei der Jobsuche. Es kann deine Verhandlungsposition im anschließenden Vorstellungsgespräch stärken.

Entwicklung des Mindestlohns in Deutschland seit Einführung 2015

Jahr Gesetzlicher Mindestlohn in Euro pro Stunde
2015 8,50 EUR
2017 8,84 EUR
2019 9,19 EUR
2020 9,35 EUR
2021 (1. Halbjahr) 9,50 EUR
2021 (2. Halbjahr) 9,60 EUR
2022 (1. Halbjahr) 9,82 EUR
2022 (2. Halbjahr) 10,45 EUR
2023 12,00 EUR
Quelle: Destatis/Statistisches Bundesamt

Branchenmindestlöhne

Manche Branchen in Deutschland haben für sich Mindestlöhne definiert, die sogar über der gesetzlich festgesetzten Höhe beim Mindestlohn liegen. Solch ein Branchenmindestlohn gilt für alle Beschäftigten in einer Branche – unabhängig davon, ob ihr Arbeitgeber einen Tarifvertrag abgeschlossen hat und tarifgebunden ist. Ziel ist unter anderem, mit dem verbesserten Mindestlohn besondere Arbeitsbelastungen, bestimmte Qualifikationen oder spezifische Fachkenntnisse abzudecken und damit die gesamte Branche und Jobprofile für Bewerber attraktiver zu machen.

Höhere Branchenmindestlöhne bieten beispielsweise klassische Handwerksberufe wie Gerüstbauer (12,85 Euro), Maler und Lackierer (12,40–14,50 Euro), Dachdecker (13,30–14,80 Euro) und der Elektrobereich (13,40 Euro). Auch Jobs in der Gebäudereinigung (13–16,20 Euro), in der Pflege (13,90–17,65 Euro) oder in der Arbeitnehmerüberlassung (13–13,50 Euro) sind hier bessergestellt. Die jeweiligen Branchen- und Tarifverbände sowie die zuständigen Gewerkschaften können dir zu solchen Spezialvereinbarungen über das Mindestlohngesetz hinaus Auskunft geben. Erste Infos liefern oft schon deren Webseiten.

Wo steht Deutschland im europäischen Lohnvergleich?

Im Vergleich mit anderen Ländern in Europa wird die Mindestlohnhöhe in Deutschland mit 12 Euro je Stunde aktuell nur von Luxemburg mit 13,05 Euro übertroffen. Danach folgt Belgien mit 11,85 Euro und die Niederlande mit 11,75 Euro. Der deutsche Arbeitsmarkt ist hier also schon recht gut positioniert. Es kann dennoch aus unterschiedlichen Gründen für dich interessant sein, im Ausland zu arbeiten – sei es wegen einem internationalen Umfeld für deine weitere Karriereplanung, zum Erwerb einer Fremdsprache oder einfach, um Land und Leute besser kennenzulernen. Dann kann auch der Mindestlohn eines Landes dir vielleicht eine erste Orientierung für anstehende Gehaltsgespräche geben.

Beachte jedoch, dass einige Länder Unterschiede bei der Berechnung des Mindestlohns machen und ihn statt je Stunde je Tag oder Monat definieren. In Österreich, Dänemark, Italien, Finnland und Schweden gibt es keinen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn. In anderen Ländern fällt er deutlich niedriger als der deutsche Mindestlohn aus. Jedoch können oft auch die Lebenshaltungskosten in einem Land entsprechend niedriger sein, was eine Art Ausgleich verspricht.

Bauarbeiter arbeiten auf Gerüst - Mindestlohn
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Für welche Arbeitnehmer gilt der Mindestlohn?

Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn hast du, wenn du in Deutschland in einem Angestelltenverhältnis arbeitest. Er gilt – bis auf wenige Ausnahmen – unabhängig von deinem Alter oder deinem Geschlecht und ausnahmslos für alle Branchen und Regionen. Frühere Sonderregelungen für Branchen wie die Land- und Forstwirtschaft, den Gartenbau oder die Zeitungszustellung sowie Übergangsregelungen sind seit 2018 gänzlich außer Kraft gesetzt.

Diesen gesetzlichen Mindestanspruch beim Stundenlohn kannst du bei der Vertragsverhandlung geltend machen. Er gilt auch für alle ausländischen Arbeitnehmer, die in Deutschland beschäftigt sind. Durch die Anwendung des Mindestlohns sollen gleiche Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten geschaffen und Diskriminierungen aufgrund der Nationalität vermieden werden.

Die wenigen Ausnahmen gemäß Mindestlohngesetz gibt es lediglich bei

  • Langzeitarbeitslosen während der ersten sechs Monate in Beschäftigung,
  • Jugendlichen unter achtzehn Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung und
  • Jugendlichen, die an einer Einstiegsqualifizierung nach dem Berufsbildungsgesetz teilnehmen.

Auch als Praktikant fällst du unter bestimmten Voraussetzungen nicht unter die Mindestlohnregelung. Beispielsweise wenn du dein Praktikum im Rahmen einer Ausbildung an einer Schule, Hochschule oder Berufsakademie absolvierst oder ein dreimonatiges Orientierungspraktikum machst.

Für Auszubildende gilt Ähnliches wie für Praktikanten: Sie haben keinen Anspruch auf Mindestlohn, weil sie erst noch dabei sind, einen Beruf zu erlernen. Im Sinne des Mindestlohngesetzes werden sie noch nicht als vollwertige Arbeitnehmer betrachtet. Die Chance auf eine berufliche Wiedereingliederung, ein Praktikum oder eine Ausbildung wird also über die Chance auf eine Mindestlohnbezahlung gestellt.

Pflichten des Arbeitgebers und Kontrolle

Die Einhaltung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns wird durch verschiedene Kontrollmechanismen überwacht. Die von der Bundesregierung eingesetzte Mindestlohnkommission überprüft zum einen alle zwei Jahre die Höhe des Mindestlohns. Je nach wirtschaftlicher Lage und aktuellen Tarifentwicklungen spricht die Kommission gegebenenfalls eine Empfehlung für eine eventuelle Anpassung aus.

Zum anderen ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, den Mindestlohn zu zahlen und die entsprechenden Bestimmungen einzuhalten. Er hat eine Dokumentationspflicht, beispielsweise indem er Arbeitszeiten verbindlich erfassen lässt. Er muss auch gewährleisten, dass alle Beschäftigten im Betrieb über ihre Rechte in Bezug auf den Mindestlohn informiert sind.

Für die Kontrolle und Durchsetzung sind dann die Landesbehörde für Arbeitsschutz, die Gewerbeaufsicht und der deutsche Zoll zuständig. Die Zollbehörde wird auch bei Verdacht auf Schwarzarbeit tätig. Sie ist befugt, entsprechende Inspektionen in Betrieben durchzuführen und Einsicht in Arbeitsverträge und Zeitnachweise zu verlangen, um die Einhaltung des Mindestlohns und anderer arbeitsrechtlicher Bestimmungen zu überprüfen.

Du selbst hast als Arbeitnehmer natürlich auch das Recht, dich bei Verstößen gegen den Mindestlohn an den Betriebsrat in deinem Unternehmen, an die Gewerkschaftsvertretung, an einen Anwalt für Arbeitsrecht oder direkt an die zuständigen Behörden zu wenden.

Junge Arbeitnehmerin in Gärtnerei mit erschöpftem, enttäuschtem Gesicht
Bildquelle: www.istockphoto.com / nicoletaionescu

Dein Arbeitgeber zahlt keinen Mindestlohn?

Fest steht also, dass sämtliche Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten, beschränken oder ausschließen, grundsätzlich unwirksam sind. Du kannst auch nicht freiwillig selbst auf den Mindestlohn verzichten, um dir die Jobzusage bzw. den Arbeitsplatz „um jeden Preis“ zu sichern. Denn Arbeitgeber, die kein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Mindestlohns zahlen, verstoßen gemäß Mindestlohngesetz gegen ihre Pflicht und riskieren damit ein Strafverfahren oder Bußgelder bis zu 30.000,00 Euro. Dies, ein möglicher Image-Schaden und die scharfen Kontrollmechanismen machen für sie Lohn-Dumping immer schwieriger und unattraktiver.

Angesichts des Mangels an Arbeitskräften auch im Niedriglohnsektor sind Arbeitgeber inzwischen eher in der Situation, möglichst attraktive Arbeitsbedingungen mit wettbewerbsfähigen Gehältern zu schaffen, um sich positiv im Arbeitsmarkt abzuheben. Aus dem Verlauf einer Gehaltsverhandlung solltest du entsprechende Rückschlüsse auf die gesamte Unternehmenskultur ziehen können, die dich künftig erwartet. Und gegebenenfalls bedeutet es: weiter Stellenanzeigen prüfen, bis sich ein Job findet, bei dem zuverlässige Leistung angemessene Wertschätzung findet.

Wann kommt die nächste Mindestlohnerhöhung?

Abschließend noch eine positive Aussicht für alle Arbeitnehmer in Deutschland: Der gegenwärtige Mindestlohn mit 12 Euro Stundenlohn soll bald schon erneut angehoben werden. 2024 ist es so weit, dann soll laut Empfehlung der Mindestlohnkommission aus Juni 2023 eine neuerliche Erhöhung kommen, um die deutlich gestiegenen Lebenshaltungskosten abzufedern. Gut, wenn du die Entwicklung in diesem Bereich also weiter im Auge behältst und deine Ansprüche als Arbeitnehmer jederzeit gut vertreten kannst.

Fazit

Das Thema Mindestlohn betrifft Millionen Menschen in Deutschland. Die relativ hohe Inflation, steigende Preise: Damit Beschäftigte ihre Lebenshaltungskosten auch jetzt gut bewältigen können, greift der gesetzliche Mindestlohn bei einem Arbeitsverhältnis hierzulande fast ausnahmslos. Ein Experten-Gremium berät und beschließt zudem alle zwei Jahre bezüglich der Höhe des gesetzlichen Mindestlohns und prüft, ob Anpassungen nötig sind.

Quellen:
gesetze-im-internet.de, destatis.de

FAQs

Was ist der Mindestlohn und wer hat Anspruch darauf?

Der Mindestlohn ist der gesetzlich festgelegte Mindestbetrag, den Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern pro Arbeitsstunde zahlen müssen. Jeder Arbeitnehmer in Deutschland hat grundsätzlich Anspruch auf den Mindestlohn, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Beruf.

Wie hoch ist der aktuelle Mindestlohn und wird er regelmäßig angepasst?

Der derzeitige Mindestlohn beträgt 12 Euro pro Stunde. Die genaue Höhe wird regelmäßig vom Gesetzgeber überprüft und angepasst, um den steigenden Lebenshaltungskosten gerecht zu werden.

Gilt der Mindestlohn auch für Praktikanten und Auszubildende?

Jein. Der Mindestlohn gilt zwar grundsätzlich auch für Praktikanten, jedoch nicht, wenn sie Pflichtpraktika im Rahmen von Ausbildung oder Studium absolvieren. Für Auszubildende gibt es seit dem Jahr 2020 eine separate Mindest-Ausbildungsvergütung, die in ihrer Höhe ebenfalls immer wieder angepasst wird. So erhalten Azubis, die ihre Ausbildung im Jahr 2023 beginnen, aktuell im ersten Ausbildungsjahr einen Mindestlohn von 620 Euro pro Monat.

Was kann ich tun, wenn mein Arbeitgeber den Mindestlohn nicht zahlt?

Zahlt dein Arbeitgeber weniger als den Mindestlohn, solltest du zunächst das Gespräch suchen und auf den gesetzlichen Anspruch hinweisen. Falls das nicht zum gewünschten Ergebnis führt, kannst du dich an die zuständige Arbeitnehmervertretung, Gewerkschaft oder das Arbeitsgericht wenden, um deine Rechte einzufordern.


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