Musik am Arbeitsplatz – Rechtslage und Fallbeispiele
Michael Jackson sagte einmal: „Music is the soundtrack to life. It plays the melody of our being.“ Nun ist es aber Fakt, dass wir einen Großteil unserer wertvollsten Zeit in der Arbeit verbringen. Muss dieser Teil unseres Lebens etwa ohne Musik auskommen? Bei der Beantwortung dieser Frage scheiden sich die Geister. Der einen Person geht die Arbeit wesentlich leichter von der Hand, wenn am Arbeitsplatz Musik läuft. Ein anderer Mensch wiederum hat mit ernsthaften Konzentrationsproblemen zu kämpfen, wenn es aus dem Radio ein Lied nach dem anderen trällert. Und wie es so ist, wenn Menschen sich uneins sind, gibt es natürlich auch für Musik am Arbeitsplatz rechtliche Grundlagen.
Inhaltsverzeichnis
Die Rechtslage in Deutschland
- Laut Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Az. 1 ABR 75/83) ist das Radiohören in Betrieben nicht grundsätzlich verboten. Allerdings kann der Arbeitgeber beurteilen, ob die Musik der Arbeitsleistung der Mitarbeiter schadet. Ist dies der Fall, kann er sie verbieten, muss den Fall aber erst einmal an den Betriebsrat herantragen.
- Direktionsrecht des Arbeitgebers: Wenn aufgrund des Musikhörens eine bestimmte Tätigkeit grundsätzlich nicht ordnungsgemäß ausgeübt werden kann, darf der Arbeitgeber die Beschallung verbieten. Denkbar ist ein solches Verbot bei Kundenkontakt.
- Grundsätzlich muss sich jeder Mitarbeiter bemühen, seine Arbeit so gut wie möglich zu machen. Dazu kann es auch gehören, dass man während der Arbeitszeit Aussagen, die von anderen im Raum befindlichen Personen ausgesprochen werden, mitbekommt. Auch das Klingeln des Telefons sollte immer wahrnehmbar sein. Aus diesem Grund ist es nicht immer mit einem Bestreben um bestmögliche Arbeitsqualität zu vereinbaren, wenn ein Mitarbeiter über Kopfhörer Musik hört.
- Ob Kopfhörer oder Radio: Wenn die Musik ablenkt, sodass den Beschäftigten viele Fehler passieren, wird die Vertragspflicht der Arbeitnehmer gebrochen.
- Wurde ein Musikverbot für den Arbeitsplatz ausgesprochen, können bei Nichteinhaltung Abmahnungen und danach auch Kündigungen folgen. Dies gilt auch, wenn ein Mitarbeiter über Kopfhörer Musik hört.
Musik ≠ Musik
Vielleicht stehst du gerade vor dem Problem, dass du dir ein Musikverbot am Arbeitsplatz regelrecht herbeisehnst, da deine Konzentration unter der Dauerbeschallung leidet? Möglicherweise jammerst du jedoch auf relativ hohem Niveau, da die Songtexte der Musik in deinem Büro nicht in deiner Muttersprache sind.
Fallbeispiel:
Shirley kommt aus den USA und arbeitet in einem Großraumbüro in Deutschland. In dem Betrieb hat es sich seit langer Zeit eingebürgert, dass das Radio läuft. Die Kollegen fühlen sich von den englischsprachigen Songtexten nicht abgelenkt. Shirley weiß, dass sie rein juristisch gesehen gute Karten hätte, wenn sie die Dauerbeschallung unter Hinweis auf ihre daraus resultierende schlechtere Konzentration bemängeln würde. Sie will sich jedoch bei ihren Kollegen nicht unbeliebt machen und setzt sich deshalb während der Arbeitszeit Kopfhörer auf.
Tipp 1: Wenn du feststellst, dass deine Konzentration unter der Musik deiner Bürokollegen leidet, musst du in jedem Fall etwas unternehmen. Du kannst das Problem so lösen wie die Dame aus unserem Beispiel. Aber auch Kompromisse mit den Arbeitskollegen sind möglich (leisere Musik, Tage ohne Musik oder der ausschließliche Musikkonsum über Kopfhörer). Nur dann, wenn sich deine Arbeitskollegen dagegen sträuben, etwas zu ändern, solltest du dich an deinen Vorgesetzten wenden.
Produktiveres Arbeiten und gute Laune
Gleichmäßige Rhythmen können nicht nur zu Höchstleistungen bei deinem Ausdauertraining beitragen: Sie können auch dazu führen, dass Menschen mit mehr Schwung an ihre Tätigkeit herangehen, sodass die Arbeit insgesamt schneller bewältigt werden kann.
Beispiel Einzelhandel:
Ursula arbeitet als studentische Aushilfe im Modeeinzelhandel. Dass in dem Laden Musik läuft, empfindet sie als angenehm und motivierend. Die Musik versüßt ihren relativ monotonen Arbeitsalltag, der aus dem Etikettieren von Kleidung, dem Aufräumen des Ladens und der Betreuung der Kunden an der Garderobe besteht.
Beispiel Gastronomie:
Steven ist als Kellner tätig. Nicht nur für die Gäste des Restaurants schafft die Musik, die gespielt wird, eine angenehme Atmosphäre. Die Rockballaden sind tatsächlich einer der Gründe, warum Steven seinen Job mag.
Die obigen beiden Beispiele haben gezeigt, wie Musik Tätigkeiten, zu deren Bewältigung keine hohe Konzentration erforderlich ist, spannender und angenehmer machen kann, sodass der Mitarbeiter schlussendlich effizienter arbeitet. Doch wie sieht es in Arbeitsbereichen aus, in denen man sich sehr gut konzentrieren muss?
Klassische Musik kann die Konzentration fördern
An der U-Bahn-Haltestelle kann sie die Zeit schneller vergehen lassen und Feinde der ernsten Musik verschrecken. Wenn es zu dem jeweiligen Betrieb passt, kann klassische Musik jedoch auch im Arbeitsalltag gute Dienste leisten.
Fallbeispiel:
Zahnarzt Dr. Hauser hat festgestellt, dass die klassische Musik, die in seinen Behandlungsräumen abgespielt wird, nicht nur einen beruhigenden Effekt auf seine Patienten hat: Er kann sich besser konzentrieren und ist bei der Arbeit weniger angespannt.
Unterschiedliche Musikgeschmäcker
Nicht jede Art von Musik wird von allen Menschen als angenehm empfunden. Wenn der Kollege eine Musikrichtung liebt, die ein anderer Kollege verabscheut, dann kann im Büro schnell dicke Luft entstehen.
Fallbeispiel:
Die Studentin Theresa arbeitet als Vertretungsschreibkraft in einem Büro. Ihre Kollegin gehört seit vielen Jahren zum Betrieb und lässt ihren Berufsalltag den ganzen Tag von einem Radiosender untermalen. Die Volksmusik, die aus dem Radio kommt, passt überhaupt nicht zu Theresas Musikgeschmack. Eigentlich würde der Studentin die Arbeit Spaß machen, doch aufgrund ihrer Aversion gegen Volksmusik geht sie jeden Morgen mit ausgesprochen schlechter Laune zur Arbeit. Da es sich nur um ein kurzfristiges Beschäftigungsverhältnis handelt, will Theresa die Kollegin nicht auf das Problem hinweisen.
Tipp 2: Wenn du den Musikgeschmack deines Kollegen partout nicht ausstehen kannst, dann solltest du diesen keinesfalls persönlich angreifen („schlechter Musikgeschmack“ etc.), sondern artikulieren, dass du dich aufgrund der Musik nur sehr schlecht konzentrieren kannst. Gemeinsam findet ihr bestimmt einen zufriedenstellenden Kompromiss (siehe Tipp 1).
Sicherheitsgefahren durch Musik
In § 15 Abs. 1 Arbeitsschutzgesetz werden die Beschäftigten dazu verpflichtet…
… nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung und Weisung des Arbeitgebers für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Sorge zu tragen.
Gilt es bei der jeweiligen Tätigkeit, bestimmte Signale wahrzunehmen? Oder ist es wahrscheinlich, dass der Beschäftigte bestimmte akustische Hinweise erhält, die für die Sicherheit von Relevanz sind? Dann lässt sich die ordnungsgemäße Ausübung der Tätigkeit nicht mit dem Hören von Musik über Kopfhörer vereinbaren.
„Musik ist die Sprache der Leidenschaft“
… das wusste schon Richard Wagner. Genau aus diesem Grund ist Musik beispielsweise im Modeeinzelhandel oder in der Gastronomie nicht wegzudenken – und damit in Bereichen, in denen sie zugleich der Förderung des Absatzes und der Motivation der Mitarbeiter dienen kann.
Während die Tätigkeit der Medizinischen Fachangestellten gern von Radiomusik untermalt wird, kann man sich kaum einen Juristen wie etwa einen Notar vorstellen, der die Gespräche mit seinen Mandanten unter Dauerbeschallung führt. Auch ein Polizist mit Ghettoblaster würde in seiner Rolle nicht mehr ernst genommen werden, egal, welche Musik daraus erschallt. Das mag daran liegen, dass Musik den Zweck erfüllen kann, Situationen aufzulockern. Und manche Situationen dürfen nun einmal nicht aufgelockert werden.
Vor allem dann, wenn es sich nicht um Hintergrundmusik handelt, kann Musik Mitarbeiter zum Träumen bzw. gedanklichen Abschweifen verleiten, beispielsweise dann, wenn eine Person durch eine Melodie an eine bestimmte Lebenssituation erinnert wird.
Da wir individuell auf Musik reagieren, ist es beispielsweise in einem Großraumbüro schwierig, es allen recht zu machen. Hier gilt die Devise: Es sollte sich um Mainstream-Musik handeln, und die einzelnen Songs sollten sich nicht zu oft wiederholen.
Quellen
gesetze-im-internet.de, prinz.law
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Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die männliche Form (generisches Maskulinum), z. B. „der Mitarbeiter“. Wir meinen immer alle Geschlechter im Sinne der Gleichbehandlung. Die verkürzte Sprachform hat redaktionelle Gründe und ist wertfrei.
Joana hat Germanistische Linguistik und Musikwissenschaft an der LMU studiert und ist als externe Redakteurin für careeasy – Dein Karriere-Magazin von stellenanzeigen.de tätig.