New Work, neue Arbeitsformen, Arbeitswelt 4.0 – egal, wie man es nennt, unsere Arbeitswelt verändert sich akut. Während viele Unternehmen hinter dem schicken Aushängeschild „New Work“ nicht viel mehr als ein bisschen Homeoffice und eine Rabattkarte im Fitnessstudio für ihre Mitarbeiter verstecken, wagen andere Firmen einen drastischeren Wandel. Ein Beispiel aus der Praxis ist die Media-Agentur Crossmedia mit Hauptsitz in Düsseldorf.

Reduktion der Arbeitszeit auf eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, Gleitzeitmodell mit Überstundenausgleich, freie Wahl des Arbeitsorts – so sehen die Eckpunkte des „Future-Work“-Konzepts bei dieser Media- und Kommunikationsagentur aus. Seit Januar 2022 lebt das Unternehmen dieses Konzept; zunächst im Rahmen einer sechsmonatigen „Probezeit“. Nach Abschluss des Testlaufs ergab eine Mitarbeiterbefragung hohe Zustimmungs- und Zufriedenheitswerte mit dem neuen System, das somit beibehalten wurde.

Wir konnten mit dem Gründer und Geschäftsführer Markus Biermann über dieses gelebte und mittlerweile fest implementierte Modell der „Neuen Arbeit“ in der Praxis und über seine Erfahrungen damit sprechen.

Praxisbeispiel für New Work

Definition des „Future-Work“-Modells bei Crossmedia:

  • 35-Stunden-Woche:
    Reduktion der wöchentlichen Arbeitszeit von Vollzeitkräften von früher 38 Stunden auf nun 35 Stunden. Auch die Stunden der Teilzeitkräfte wurden entsprechend verringert. Gilt seit 1. Januar 2022, bei vollem Lohnausgleich.
  • Überstundenabbau:
    Anfallende Überstunden werden über ein Zeitkonto ausgeglichen.
  • Flexibles Arbeiten:
    Die Arbeitszeit kann, mit Ausnahme des Sonntags, auf vier bis sechs Wochentage aufgeteilt werden.
    Außerdem kann der Arbeitsort komplett frei gewählt werden, ohne eine Quote für Homeoffice.
Über Crossmedia: Die 1997 gegründete Agentur steht für unabhängige und differenzierte Kommunikationsberatung und entwickelt Media- und Kommunikationskonzepte für Kunden unterschiedlicher Branchen. Sie beschäftigt über 350 Mitarbeitende an ihrem Hauptsitz in Düsseldorf sowie in Hamburg, Berlin, Bielefeld und London. In New York, Los Angeles und Philadelphia hat sie mit der Schwesteragentur Crossmedia Inc. rund 250 Mitarbeitende.
Markus Biermann, Geschäftsführer von Crossmedia
Unser Gesprächspartner: Markus Biermann, Gründer und Geschäftsführer von Crossmedia
„Herr Biermann, wie entstand die Idee zu dem neuen Arbeitsmodell?“

„Die Agenturbranche hat ein Riesenproblem: Fachkräfte sind rar geworden und es herrscht ein Wettstreit um die besten Leute. Attraktive Arbeitszeitmodelle sind – neben vielen anderen Faktoren – ein starkes Element im War for Talents. Nicht zuletzt Corona hat uns gezeigt, dass Arbeit in Zukunft anders gedacht werden muss. Die Arbeit muss zum Leben passen, nicht umgekehrt. Bereits im ersten Pandemiejahr haben wir begonnen, uns im Dialog mit unseren Mitarbeitenden damit auseinanderzusetzen, wie ein selbstbestimmteres, flexibleres Arbeiten möglich werden kann. In der darauffolgenden Konzeptionsphase haben wir unseren individuellen Ansatz entwickelt.

Seit Beginn 2022 leben wir ‚Future Work‘ nun und prüfen es im laufenden Betrieb auf Herz und Nieren – immer in Rücksprache mit den Mitarbeitenden, deren Feedback wir über Umfragen abholen, um den Ansatz fortlaufend weiter zu optimieren. Ergänzt wird dieser Prozess durch eine externe Supervision und Workshops zu dem sich aus dem Konzept ergebenden neuen Führungsverständnis.

„Welche Gleitzeit- und welche Überstundenausgleichs-Regelungen gab es bei Crossmedia vor Implementierung des neuen Konzepts?“

„Konkrete Überstunden-Regelungen über die gesetzlichen Vorgaben hinaus waren in der Agenturbranche bislang eher unüblich. Wir haben allerdings schon immer darauf geachtet, dass nach Phasen intensiverer Belastung Phasen mit geringerer Belastung folgen sollten und haben unsere Leute dafür sensibilisiert, selbstverantwortlich für den Ausgleich zu sorgen. Gleitzeit-Regelungen gibt es bei uns schon lange: Arbeitsbeginn und Arbeitsende dürfen im Einklang mit dem individuellen Alltag und in Abstimmung mit Team und Kunde zwischen 7.30 und 20 Uhr liegen.

Mit dem neuen Arbeitskonzept haben wir nun erstmals unser Zeiterfassungssystem so angepasst, dass Plus- und Minusstunden direkt erfasst und gegeneinander aufgerechnet werden, so dass jeder Mitarbeitende mit einem Blick aufs eigene Zeitkonto sofort sehen kann, wo er gerade steht. Die Gleitzeit haben wir außerdem auf Wochenebene ausgedehnt: So kann die wöchentliche Arbeitszeit flexibel zwischen vier und sechs Tagen erbracht werden. Der Samstag steht neu als möglicher Arbeitstag zur Verfügung.“

„Und warum haben Sie den Samstag als möglichen Arbeitstag mit aufgenommen?“

„Unsere Agentur arbeitet grundsätzlich weiter in einer 5-Tage-Woche. Neu ist, dass jede Person bei uns die Möglichkeit hat, ihre Wochenarbeitszeit bei Vollzeit flexibel an mindestens vier und maximal sechs Werktagen zu erbringen. Arbeiten am Sonntag bleibt weiterhin ein No-Go. Sofern es die Kundensituation sinnvoll hergibt und es für unsere Mitarbeitenden privat erstrebenswert ist, können sie nach Rücksprache mit ihrem Team und dem Vorgesetzten den Samstag als zusätzliche Arbeitstagoption nutzen. Ebenso besteht die Möglichkeit, die Arbeit auch mal an vier Tagen der Woche zu erledigen. Ob vier, fünf oder sechs Tage pro Woche – das kann jede Woche flexibel nach den Bedürfnissen des Jobs und in Abstimmung mit Team und Führungskraft entschieden werden.“

Skizze des New-Work-Konzept
Bildquelle: Crossmedia
Bildquelle: Crossmedia
„Aus welchem Grund wurde die wöchentliche Arbeitszeit reduziert?“

„Das Future-Work-Konzept ist unser Versuch einer Antwort auf eine neue Realität am Arbeitsmarkt. Die GenZ legt mehr Wert auf die eigene Selbstverwirklichung als auf eine steile Karriere und auch für die bestehende Belegschaft verliert die in der Agenturbranche vielerorts immer noch gelebte ‚Work hard, play hard‘-Kultur immer mehr an Reiz. Wir sind der festen Überzeugung, dass es in Zukunft um etwas anderes gehen muss als um ‚höher, schneller, weiter‘, wenn wir uns nicht als Branche selbst zugrunde richten wollen. Es muss darum gehen, nachhaltig miteinander zu wirtschaften. Und nur, wenn der Mensch im Mittelpunkt steht, hat das Agenturmodell Zukunft.

Die Zeiten, in denen es sexy war, als letzte Person im Büro das Licht auszumachen, sind endgültig vorbei. Die Länge eines Arbeitstages ist nicht ausschlaggebend für den Erfolg im Job. Im Gegenteil: Es gibt genug Studien, die zeigen, dass ein kürzerer Arbeitstag zu mehr Produktivität führt. Wichtig ist aber zu verstehen, dass unser Konzept nicht allein aufgrund der Reduzierung der Arbeitszeit fußt, sondern dass es erst durch den Faktor Flexibilität rund wird. Wir wollen unseren Leuten bessere Möglichkeiten geben, Arbeits- und Privatleben miteinander zu kombinieren. Unter anderem dadurch entsteht mehr Zufriedenheit. Mehr Zufriedenheit führt zu besseren Arbeitsergebnissen und bessere Arbeitsergebnisse halten uns wettbewerbsfähiger. So geht die Gleichung für alle Seiten auf.“

„Eine Schwierigkeit flexibler Arbeitsmodelle kann die Erreichbarkeit der Kollegen untereinander sein, wenn es sehr flexible Arbeitszeiten gibt. Wie ist Ihre Erfahrung hierzu?“

„Kommunikation innerhalb des Teams ist noch wichtiger als zuvor, denn Transparenz über Jobs und Anwesenheiten ist gerade in flexiblen Zeiten unerlässlich. Bei der Aufgabenverteilung macht es zudem Sinn, Tandems zu bilden, damit im Notfall immer jemand ansprechbar ist. Durch unsere Kernarbeitszeiten ergibt sich immer ein ausreichend großes Zeitfenster, in dem man sich abstimmen kann. Das erfordert etwas mehr Struktur und Planung als vorher, trägt aber durchaus zur Effizienz bei. Teilzeitkräfte – in der Vergangenheit häufig Mütter – profitieren außerdem durch die Flexibilisierung der Arbeitszeiten aller, da sie nun nicht mehr als Einzige ‚anders‘ arbeiten. Das ist ein wichtiger Schritt für mehr Gleichheit.

Bei der Erreichbarkeit spielen technische Strukturen eine große Rolle. Damit alle ortsunabhängig arbeiten können, sind unsere Mitarbeitenden mit Laptops ausgestattet. Unsere gesamte Telefonie funktioniert online, sodass Telefonweiterleitungen per Internet-Telefonie auf den Laptop erfolgen und die Mitarbeitenden auch aus ihren Mobil Offices Telefonate tätigen können. Per professioneller Streaming-Technologie inklusive digitalen Whiteboards können Meetings und Konferenzen komplett digital oder auch hybrid stattfinden.“

„Können Sie eine Angabe dazu machen, wie sich die Arbeitszeiten im Homeoffice bzw. im Büro ungefähr eingependelt haben – nach über sechs Monaten freier Wahl?“

„Wir alle haben die Flexibilität des Mobile Office zu schätzen gelernt und die letzten zwei Jahre haben gezeigt, wie gut diese Art des Arbeitens für uns funktioniert. Zur Ausgestaltung eines passenden Rhythmus setzen wir auf unsere Teams als selbstregulierende Systeme. Wir haben schon heute Teams, in denen einzelne oder ein größerer Anteil der Leute mit einem Mobile-Office-Anteil von 80 % gut harmonieren, während andere im Umkehrschluss auf 4 bis 5 Tage pro Woche im Office setzen. Diese individuelle Flexibilität wollen wir erhalten. Aus diesem Grund gibt es bei uns keine feste Quotierung von Office- oder Mobile-Office-Zeiten.“

„Ist bei Crossmedia auch das Arbeiten aus dem Ausland erlaubt?“

„Wir überlassen es unseren Leuten selbst, wo sie arbeiten, wenn sie nicht im Büro sind. Wichtig ist nur, dass der Ort es ihnen ermöglicht, ihre Arbeit ohne Einschränkungen auszuüben und dass die Vertraulichkeit ihrer Arbeit gewährleistet ist. Grundsätzlich kann man bei uns für einen begrenzten Zeitraum auch aus dem Ausland arbeiten. Ob sich das im individuellen Fall mit den Anforderungen der Kunden, des Teams und der eigenen Arbeit vereinbaren lässt, wird mit dem oder der Vorgesetzten geklärt.“

New Work Agentur Büroräume
Die Büroräume der Crossmedia Agentur in Hamburg. Bildquelle: Crossmedia Düsseldorf
Die Büroräume der Crossmedia Agentur in Hamburg.
Bildquelle: Crossmedia
„Besteht aktuell noch die Möglichkeit, dass jeder Mitarbeiter zeitgleich im Büro arbeitet? Wie organisieren Sie die Belegung im Büro?“

„Es können nicht an allen Standorten zeitgleich alle Mitarbeitenden vor Ort arbeiten. Das war aber auch schon vor unserem New-Work-Konzept der Fall und in der Regel nie ein Problem, da immer ein gewisser Prozentsatz abwesend ist durch Urlaub, Kundentermine, Krankheit und Ähnliches. Wir haben uns aber durch den gestiegenen Anteil von Mobil-Office-Möglichkeiten entschieden, einige Büroflächen abzugeben. Ungenutzte Büroflächen zu betreiben ist schlichtweg nicht nachhaltig.

Die Belegung der Büros organisieren wir durch unser agenturinternes Schreibtischbuchungs-Tool, den ‚Desk Finder‘. In dem System wählen User ein Datum sowie die Bürofläche aus, auf der sie arbeiten möchten. Nach der Buchung folgt eine Bestätigungsmail, die alle Details beinhaltet, sowie ein Reminder einen Tag vor der Buchung. Die Anwendung wird laufend angepasst und zukünftig erweitert, sodass zum Beispiel Tische individuell auswählbar sind, damit die Teams sich auf Flächen leichter ‚zusammen‘-buchen können.“

„Entsprechen die Büro-Räumlichkeiten jetzt noch in ihrer Ausgestaltung dem Bedarf?“

„New Work verändert natürlich auch die Bedürfnisse vor Ort und wir haben Anpassungen wie flexibel buchbare statt fester Schreibtische oder Microsoft Teams basierte Internet- statt Festnetztelefonie vorgenommen. In den Konferenzräumen haben wir die Technik für digitale und hybride Meetings verbessert und zusätzliche Flächen für kollaboratives Arbeiten geschaffen.

Wir gehen aber noch einen Schritt und bauen gerade ein neues Büro, unser Kulturzentrum in Düsseldorf, um New Work auch auf die Architektur zu übertragen. Dort wird es viel Raum für die Entfaltung von Ideen geben, Werkstätten statt klassischer Konferenzräume oder auch sogenannte ‚digitale Fenster‘. Das sind kleine physische Räume für ein bis vier Personen mit Blick nach draußen und der Möglichkeit Videokonferenzen abgeschlossen zu führen. Somit holen wir das Digitale ins Analoge und umgekehrt – und schöpfen aus dem Remote-Erlebten und Erlernten.“

„Sie sprechen von ‚ersten positiven Auswirkungen‘ des neuen Systems. Welche sind das?“

„Schon vor Corona waren alternative Arbeitszeitmodelle, Job-Shares und Homeoffice-Lösungen gelebter Alltag bei uns. Mit der 35-Stunden-Woche wollten wir nun einerseits auf die Anforderungen einer neuen Arbeitswelt und vor allem auf die Wünsche unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingehen. Unsere Leute sollen die Chance bekommen, ihre Tätigkeit in ihre produktivste Tagesphase zu legen und ihre Arbeit freier bzw. selbstbestimmter zu gestalten. So ermöglichen wir eine bessere Work-Life-Balance, die insbesondere Menschen mit alternativen Arbeitskonzepten wie Teil- oder Elternzeit oder Jobshares unterstützt, mit dem Ziel, insgesamt auch dem Gender-Gap entgegenzuwirken und gleichberechtigte Chancen von Karriere und Familie für alle zu schaffen.

In unserer internen Umfrage nach Abschluss der Testphase haben 88 % der Teilnehmenden angegeben, dass sie mit der Flexibilisierung der Arbeitszeit bestens zurechtkommen und dass die Qualität ihrer Arbeit sowie die Kundenzufriedenheit auch bei geringerer Arbeitszeit positiv ist. Darüber hinaus bestätigen 60 %, dass ihre Motivation seit der Einführung deutlich gestiegen ist, da sie sich u. a. wertgeschätzter fühlen. 58 % geben zudem an, dass ihre Produktivität zugenommen hat.“

„Also viel positives Feedback zu dem neuen Arbeitsmodell. Gibt es denn bereits jetzt auch konkrete, objektiv messbare Vorteile für das Unternehmen – neben dem individuellen Wohlbefinden der Mitarbeiter?“

„Unser Konzept hat einen Nerv getroffen. Das zeigen sowohl die Reaktionen unserer Belegschaft als auch die unserer Kunden und der Branche. Von Kunden sind wir beispielsweise gebeten worden, unsere Hintergrundüberlegungen und Learnings mit ihnen zu teilen, weil sie sich selbst gerade in einem New-Work-Transformationsprozess befinden. Sie haben uns gezielt als Sparringspartner und zum Erfahrungsaustausch angefragt.

Im Recruiting konnten wir ebenfalle bereits erste positive Auswirkungen feststellen. Unsere neue Positionierung verschafft uns als Gegenentwurf zu anderen Agenturen einen Wettbewerbsvorteil im Recruiting – wir konnten im ersten Quartal 43 % mehr Leute einstellen als im Vorjahr und nahezu alle Bewerbenden geben an, dass unsere Vorreiterrolle im Bereich New Work ein ausschlaggebender Faktor für sie war.“

Change wird zu Chance
Bildquelle: www.istockphoto.com / http://www.fotogestoeber.de
„Gibt es auch negative Erfahrungen, die in der Testphase gemacht wurden? Ist etwas nicht so gelaufen, wie man sich das vorgestellt hat?“

„Natürlich lief nicht alles sofort reibungslos. Uns war von Anfang an wichtig, dass wir hierzu eng miteinander kommunizieren und unsere Erfahrungen auch Unit-übergreifend austauschen. Wir haben also wirklich viel miteinander gesprochen, nicht zuletzt in verschiedenen Workshops und Formaten einer externen Supervision von Expert:innen, die wir uns für die erste Phase dieses Change-Prozesses hinzugeholt hatten. Wirklich negative Erfahrungen haben wir nicht gemacht.“

„Wie wirken Sie der Gefahr fehlender sozialer Begegnungen und dadurch auch mangelnder Bindung an das Unternehmen durch zu viel Remote-Arbeit entgegen – oder sehen Sie diese Problematik als nicht relevant?“

„Klar, die Gefahr besteht. Deshalb schaffen wir immer wieder gemeinsame Erlebnisse ‚in echt‘. Das können Kleinigkeiten wie ein Eis- oder Kaffeewagen im Innenhof sein, an denen unsere Leute zu einem Plausch zusammenkommen können, große Events wie Agenturfeiern, unser interner Crossemedia-Award oder auch gemeinsame Besuche von Branchenveranstaltungen.

Wir bieten unseren Leuten außerdem die Chance, einmal jährlich einen Freiwilligentag zu nehmen, an dem sie gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen beispielsweise ein Kinderheim streichen oder bei Angeboten für Geflüchtete helfen. Darüber hinaus motivieren wir alle Units, regelmäßig Teamevents durchzuführen, um bei Kochworkshops, Golfkursen, Escape Games oder einfach einem Picknick im Park den Austausch auch außerhalb des Jobs zu fördern.

Viele Units sind bei uns dazu übergegangen, einen festen gemeinsamen Tag im Office zu etablieren, um sich echt, live und in Farbe zu sehen. Auch, wenn das nicht unbedingt für alle notwendig ist, so berichten sie doch immer wieder, wie bereichernd der persönliche Austausch dann ist. Nicht zu vergleichen mit der Zeit, in der man seine engsten Kolleginnen und Kollegen nur am Bildschirm sieht.“

„Könnten Sie kurz skizzieren, wie neue Mitarbeiter in ihrer Agentur starten und eingearbeitet werden?“

„Die Phase der Einarbeitung ist aus unserer Sicht ein entscheidender Faktor. In den ersten Arbeitswochen werden die wichtigsten fachlichen sowie sozialen als auch kulturellen Grundsteine gelegt. Jede Unit erstellt hierfür einen Einarbeitungsplan für die neuen Mitarbeitenden. Dabei können die Inhalte flexibel gestaltet werden – je nach Vorerfahrung, Funktion und Arbeitsbereich. Für alle Detailfragen rund um das flexible Arbeitsmodell haben wir einen Leitfaden entwickelt, der die wichtigen Fragen klärt.

Der erste Tag, oft sogar die komplette erste Woche, findet immer live in der Agentur statt. Neben Welcome-Package, der Führung durch die Agentur und Mittagessen mit dem Team, erfolgt am Nachmittag des ersten Tages eine Onboarding-Veranstaltung, die durch einen Geschäftsführenden gehalten wird. Für die außerfachliche Integration stellen wir unserem Neuzugang eine Mentorin oder einen Mentor an die Seite, um die Führungskraft zu entlasten. Diese Person ist eine Kollegin oder ein Kollege außerhalb des Teams, die die Anfangszeit begleitet und bei der ersten Orientierung unterstützt, um zum Beispiel weitere Kontakte in der Agentur zu knüpfen oder aufzuzeigen, an wen man sich bei Fragen und Problemen wenden kann. Gerade unter Remote-Bedingungen muss die soziale Integration besonders gefördert werden.“

Mitarbeiter New Work Agentur
Viele Units etablieren einen festen gemeinsamen Tag im Office.
Bildquelle: Crossmedia
„Führen Sie das Modell nun exakt so fort, wie es in der Testphase etabliert wurde, oder haben Sie Änderungen bzw. Anpassungen vorgenommen?“

„Die Rahmenbedingungen des Konzepts sind ohne wesentliche Adaption nach der sechsmonatigen Testphase dauerhaft etabliert worden, da sie sich als gut funktionierend herausgestellt haben. Aber: New Work heißt ja nicht nur andere Arbeitszeiten – es bedeutet auch, die eigene Arbeitsweise auf den Prüfstand zu stellen und sich mit einem neuen Verständnis von Führung auseinanderzusetzen. Denn mehr Flexibilität, Eigenverantwortung und Agilität erfordern, dass jede und jeder Einzelne sich selbst managen muss. Als lernendes System setzen wir da auch auf die verschiedenen Impulse aus unserer Belegschaft.“

„Inwiefern geht ihr New Work Konzept mit einem ’neuen Verständnis von Führung‘ einher? Können Sie näher ausführen, wie diese Führungsidee aussieht?“

„New Work funktioniert nur mit einem anderen Führungsverständnis, Stichwort: New Leadership. Dabei ist die Führungskraft längst nicht mehr eine Kontroll- und Weisungsinstanz, sondern vielmehr eine Person, die coacht, moderiert und aktiviert. An die Stelle von Kontrolle setzen wir Empathie und Vertrauen. Aufgabe unserer Führungskräfte ist es, die Mitarbeitenden zu Eigenverantwortung zu motivieren, sie fachlich zu befähigen und ihnen eine klare Vision vorzuleben. Die Zusammenarbeit geschieht dabei stets auf Augenhöhe.“

„Was denken Sie persönlich: Welches Arbeitsmodell wird sich durchsetzen? Wie ’new‘ wird ‚work‘ tatsächlich sein – in fünf Jahren?“

„Was wir heute als ‚New Work‘ bezeichnen, wird sicherlich in fünf Jahren schon wieder leicht anders aussehen. Dennoch glaube ich an das, was wir hier gerade machen – auch langfristig.

Durch die maximale Flexibilisierung, wie Reduzierung der Arbeitszeit und die freie Wahl des Arbeitsortes, gewinnen unsere Mitarbeitenden mehr Souveränität in ihrer Lebensgestaltung. Das möchte niemand mehr missen. Da unser Ansatz auf Eigenverantwortung baut, bringen wir den Mitarbeitenden das maximale Vertrauen und damit eine besondere Form der Wertschätzung entgegen. Im Fokus des Modells steht zweifellos die Zufriedenheit des Menschen. Denn mit den richtigen Rahmenbedingungen bleiben Leidenschaft und Begeisterung erhalten und es entsteht Arbeit, die unsere Kunden überzeugt.

Unserer Ansicht nach kann ein Unternehmen nur so konkurrenzfähig und als Arbeitgeber auch attraktiv bleiben. Das gilt auch in fünf Jahren noch.“

Fazit

Ohne Zweifel befinden sich Arbeitswelt und Firmenkultur gerade in einem großen Umbruch. Es ist ein spannender Prozess, zu sehen, wie sich Arbeitswelten verändern, welche Auswirkungen die Umorganisation des Arbeitsalltags hat und was mittlerweile alles möglich ist. Um diese Erfahrungen sammeln zu können und daraus wertvolle Schlüsse zu ziehen, braucht es Unternehmen, die den Mut haben, voranzugehen und neue Konzepte zu erproben.

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